Kräuterwanderung auf Rügen

Gastbeitrag René Geyer

Erkundet bei Kräuterführungen im Biosphärenreservat Südost-Rügen mehr von unserer einzigartigen Pflanzenwelt. Der bekannte Natur- und Erlebnisführer René Geyer zeigt Euch die schönsten Exemplare in freier Natur. Frühling, Sommer, Herbst und Winter: entdeckt die Kräuter Rügens im Jahresverlauf.

Kräuter im Frühling

Überall regt sich neues Leben. Der Frühling auf Rügen mit seiner verzaubernden Blütenpracht ist eingezogen. Diese Frühblüher fühlen sich jetzt besonders wohl und machen Lust auf Frühling. Nichts wie raus in die Natur! Sie tut unendlich gut!

1. Gefleckter Aronstab

Der Gefleckte Aronstab © René Geyer

Heute gibt es die Pflanze nur noch selten in freier Natur zu bewundern, außer in Parkanlagen oder in Gärten. Da die Pflanze so selten geworden ist, steht sie bereits in manchen Teilen Deutschlands auf der Liste der unter Naturschutz stehenden Gewächse.

Aussehen des Gefleckten Aronstabs

Der Gefleckte Aronstab gehört zu den Aronstabgewächsen, ist mehrjährig und wird bis zu 40 cm hoch. Die Wurzel besitzt eine rundlich-eiförmige Form, von der mehrere dünne, fleischige Nebenwurzeln ausgehen. Die Blätter zeigen sich vor der Blüte als pfeilförmige, langgestielte, gefleckte Laubblätter. Das Herausragendste an der Pflanze ist aber der lange Blütenstand, der von einer blattartigen Hülle, wie einer „Tute“ umgeben ist. Die Blüten des Aronstabes sind eingeschlechtig.

Besonderheiten des Gefleckten Aronstabs

Während der kurzen Blütezeit vom Aronstab, mit seiner gelblich-grünen Blüte, riecht diese Blüte urin- bis kotähnlich. Die Pflanze lockt damit Insekten an, die dann in die Kesselfalle stürzen und dort von einem Haarkranz am Herausfliegen gehindert werden. Die Narben im Inneren scheiden ein Sekret ab, das zur Verpflegung der Insekten dient, indes wird die Pflanze von den mitgelieferten Pollen der Insekten bestäubt. Erst am nächsten Tag stirbt der Haarkranz im Inneren ab und die Insekten, die die Pflanze besuchten, gelangen über die männlichen Blüten zurück in die Freiheit. Die Temperatur der Blüte, die auf einem gesteigerten Stoffwechsel beruht, beträgt manchmal bis zu 16 Grad Celsius über der Außentemperatur.

Der Gefleckte Aronstab in der Volksheilkunde

Seit jeher faszinieren die Blüten des Aronstabes den Menschen. Im Volksmund heißt die Pflanze: „Trommelschlägel“, „Teigkraut“, „Eselsohr“, „Zehrwurz“ oder im Niederdeutschen „Papenpint“. Alle Pflanzenteile, auch die später roten Beeren, sind roh sehr giftig. In der Volksheilkunde wird sie kaum noch verwendet. Hildegard von Bingen kochte sie in Wein und gab sie dann bei „Vergichtung“, bei schleimigem Fieber sowie bei Schwermut. In der sogenannte „Sympathiemedizin“ hängte man Kindern mit Bindehautentzündungen ein Stückchen getrockneter Wurzel in einem Leinensäckchen um den Hals.

Nach Steffen Guido Fleischhauers „Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen“ werden die Stängel von März bis April als Gemüse gekocht. Bei längerem Kochen, Backen und Trocknen der Pflanzenteile gehen die Schärfe und die Giftstoffe praktisch vollständig verloren. Weiter sagt er: Alle frisch eingenommenen Pflanzenteile, einschließlich der Beeren, können sonst gefährlich giftig wirken.

Der Aronstab ist eine Pflanze, die uns zeigt, wie weise Mutter Natur ist und was für ausgeklügelte Strategien doch Pflanzen entwickeln können.

2. Das Leberblümchen

Das Leberblümchen © René Geyer

Eines der ersten zart blauvioletten Blüten, das dem noch von Brauntönen überzogenen Waldboden die ersten Farbtupfer gibt, ist das Leberblümchen – Hepatica nobilis.

Das Leberblümchen als gefährdete Pflanze

Das Leberblümchen steht in vielen Bundesländern bereits auf der Liste der gefährdeten Arten. Diese Arten repräsentieren auch immer einen bedrohten Lebensraum. Im Falle des Leberblümchens sind es alte Buchen- und Laubmischwälder mit kalk- und humusreichen Böden, in welchen das Leberblümchen zu Hause ist. Das Leberblümchen unterliegt nach der Bundesartenschutzverordnung einem besonderen Schutz. In Mecklenburg-Vorpommern steht das Leberblümchen bei der Kategorie Gefährdung auf der Vorwarnliste bzw. ist zurückgehend im Gesamtbestand. Ursache sind Zerstörungen auch von älteren kleinräumigen Buchen- und Mischwäldern auch auf Rügen, die heute leider unverständlicherweise der Holzwirtschaft zum Opfer fallen. 

Aussehen und Vorkommen des Leberblümchens

Das Leberblümchen gehört zu den Hahnenfußgewächsen und ist eine mehrjährige Pflanze. Zuerst zeigen sich zwischen den grünbraunen Vorjahresblättern nur die gestielten Blütenstängel mit ihren herrlich blauvioletten Blüten. Nach der Blüte erst entfalten sich neue behaarte, dreilappige Blätter, die ledig grün glänzen. Die Hauptblütezeit ist der März, aber man kann das Leberblümchen bis in den April hinein blühen sehen. Das Leberblümchen bildet in alten Wäldern ausgedehnte, oft auch großflächige Bestände.

Verwendung des Leberblümchens

Norddeutsche Volksnamen sind unter anderem: „Blag Läwerblaum“, „Läwerkrut“. Man nennt sie auch volkstümlich „Blaue Schlüsselblume“, „Leberkraut“ oder auch „Märzenblümchen“. In der Schulmedizin wird das Leberblümchen nicht verwendet, obgleich es nicht unwirksam ist. In der Homöopathie wird es nur ganz selten noch bei Leberstauungen und bei chronischer Bronchitis genutzt. In der Volksmedizin jedoch kam das schöne Leberblümchen zur Anwendung. Seine leberartigen Blätter haben dazu beigetragen, dass nach der mittelalterlichen Signaturlehre (das Äußere einer Pflanze oder die Farbe schließt auf die Heilanwendung) bei Leberleiden dieses Pflänzchen einsetzbar ist.

In der getrockneten Pflanze fehlen zwar die scharfen und giftigen Reizstoffe, die den Hahnenfußgewächsen sonst eigen sind, aber es befinden sich noch Anemonin, Anthocyane, Flavonoide, Glykoside sowie Gerbstoffe.

Wenn Ihr mich bei meinen Kräuterführungen in die Zicker Berge begleiten wollt, werdet Ihr im April mit mir dieses wunderschöne Pflänzchen in der Natur bestaunen können und den Frühling mit anderen Augen sehen.

3. Die Bachbunge

Die Bachbunge © René Geyer

Im Lebensraum Bach und in seinem Randbereich blüht ab Ende April bis in den Juli hinein die „Bachbunge“. Diese Pflanze gehört zu der Familie der Rachenblütler. Die Bachbunge wird im Volksmund auch Bachehrenpreis oder Pferdekresse genannt. Ihr wissenschaftlicher Name ist „Veronica beccabunga“.

Aussehen der Bachbunge

Die Pflanze wird 20 bis 60 cm hoch und besitzt eiförmig gesägte gegenständige Blätter, die recht fleischig wirken. Der Stängel ist aufrecht oder aufsteigend. Das Schönste an dieser Pflanze sind die hellblauen, fast symmetrischen Blüten, die in einer lockeren, blattachselständigen Traube sitzen.

Verwendung der Bachbunge

Die Blätter und noch jungen Triebe vor und während der Blütezeit lassen sich zu Salaten und Kräutermischungen verwenden. Hierzu eignen sich in Kombination mit Bachbunge der Sauerampfer, Brunnenkresse und natürlich der noch junge Löwenzahn. Die Pflanze besitzt Bitterstoffe, wenig Aucubin und ist dadurch stoffwechselanregend und etwas entwässernd. Bachbunge ist ein wertvolles Frühlingskraut, um gesund in das Jahr zu starten. Der Geschmack der Blätter und Triebe ist etwas scharf und wenig bitter.

Gesunde Wirkstoffe der Bachbunge

Eigentlich können die jungen Blätter während der gesamten Vegetationszeit geerntet werden und können so unseren Speiseplan auf gesunde Weise unterstützen. Auch Hildegard von Bingen spricht über die Bachbunge in lobender Weise. Sie sagt: „Bachbunge hat eine warme Natur und wer daraus unter Beigabe von Fett und Öl ein Mus kocht und sie so isst, der erleichtert seinen Bauch durch Abführen. Gegessen unterdrückt sie die Gicht“. Die Blätter und auch die Blüten wurden in der Volksheilkunde auch als guter Hustentee verwendet, aber auch um den Cholesterinspiegel zu senken.

Vorkommen der Bachbunge

Die Bachbunge gehört zu der Gattung der Ehrenpreispflanzen und eignet sich hervorragend für eine Bepflanzung von Bächen und kleinen Teichen. Unseren Vorfahren galten Bäche, Quellen und kleine, wassergefüllte Teiche als magische Orte der Kraft und der Heilung und sie waren umschlungen und umgeben von heilbringenden Pflanzen und Naturgeistern. Auch die Bachbunge wurde als solche Pflanze mit ihren schönen blauen Blüten als etwas Reinigendes und Erhabenes angesehen. Wir sollten draußen in der Natur im Frühling Ausschau nach dieser Pflanze halten und uns erfreuen an noch intakten Bächen und Kleingewässern mit ihrer artenreichen Vegetation.

4. Dorniger Hauhechel

Der Dornige Hauhechel © René Geyer

Auf besonders warmen und trockenen Stellen mit wenig Vegetation, aber auch auf sandigen Abgrabungsstellen können wir jetzt um den Mai herum eine unscheinbare Pflanze entdecken. Diese Pflanze, die Hauhechel genannt wird, gehört zu den Schmetterlingsblütengewächsen. Sie blüht bis in den September wunderschön und reichlich in einer zartrosa bis roten Färbung. Der Volksmund gab dieser Pflanze Namen wie „Dorniger Hauhechel“, „Harnkraut“, „Hechelkrieg“, aber auch „Weiberkrieg“ und „Ochsenbrech“.

Wirkung des Dornigen Hauhechels

Die Pflanze kann bis zu 60 cm hoch werden und besitzt eine kräftige, tief reichende Pfahlwurzel und unter ihren Blättern Dornen. Reibt man an der Pflanze, so riecht sie nicht unangenehm. Die Pflanze besitzt Flavonoide, fettes Öl, ätherisches Öl, Zucker, Harz, Eiweiß und Zitronensäure. Da der Hauhechel reichlich ätherisches Öl besitzt, ist er seit dem Altertum als ein mildes harntreibendes Mittel bekannt.

Verwendung des Dornigen Hauhechels

Verwendet werden der Wurzelstock und das noch junge Kraut. Tee aus der Wurzel oder dem Kraut ist ein gutes Mittel bei allerlei Halsleiden. Das Gurgeln mit dem Tee bringt rasch Linderung. Ein Wurzelaufguss ist ein sehr gutes Mittel bei blutendem Zahnfleisch. Weiterhin wirkt der Tee blutreinigend sowie steinlösend. Wenn man die Wurzel mal anbricht und daran riecht, erinnert der Geruch angenehm an Süßwurzel.

Die Bezeichnungen „Ochsenbrech“ oder „Kuhschweiß“ zeigen in die Vergangenheit. Da die Pflanze eine kräftige Pfahlwurzel besitzt, hat sie den Bauern früher das Eggen und Pflügen erschwert. Das Schönste an der Pflanze sind die meist hellrosa gefärbten Blüten. Für die Raupen des Hauhechelbläulings ist die Pflanze die Nahrungsgrundlage. Auch für Hummeln und Wildbienen ist an den Blüten des dornigen Hauhechels der „Tisch“ reichlich gedeckt. Übrigens sind die Blüten auch etwas eine wunderschöne Dekoration für Süßspeisen wie Eis oder Pudding, aber auch für Salate mit Wildkräutern.

Der Dornige Hauhechel im Volksglauben

In manchen Gegenden Deutschlands wurde die Wurzel früher als Amulett getragen und sollte den Träger so vor Dieben und Räubern schützen. Man versprach sich zudem auch Hilfe gegen Hieb- und Stichwunden. Auch sollte das Tragen der Wurzel als Amulett daran erinnern, dass sich so manches Hindernis in den Weg stellt und überwunden werden muss. Die Wurzel galt hierfür als Kraftspender. Kraft sollte uns aber auch das neue Frühjahr geben und beim Betrachten der wunderhübschen Blüten des dornigen Hauhechels die Freude an der Natur erhalten bleiben.

5. Die Wiesenschlüsselblume

Die Wiesenschlüsselblume © René Geyer

Die Wiesenschlüsselblume wurde für das Jahr 2016 von der Loki-Schmidt-Stiftung zur Blume des Jahres ernannt. Damit wird auch immer auf einen bedrohten Lebensraum aufmerksam gemacht. Die Schlüsselblumen gehören zu den Primelgewächsen und gerade die Bezeichnung „primula veris“ ist passend für ihren Charakter (aus dem Lateinischen übersetzt: Primus = der Erste, veris = der Frühling).

Sie ist eine Blume, die nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch für unsere Gesundheit einiges zu bieten hat. Schlüsselblumen stehen bei uns unter Naturschutz. Die Pflanze bietet heimischen Insekten die erste Nahrungsgrundlage.

Merkmale der Wiesenschlüsselblume

Man unterscheidet die echte, duftende Wiesenschlüsselblume und die hohe Schlüsselblume. Nur die echte, duftende Wiesenschlüsselblume hat einen starken süßlichen Geruch. Die Wiesenschlüsselblume kommt auf gut durchfeuchtetem Boden sowie im Halbschatten vor. Gesammelt werden vor allem die Blüten, wenn sie noch ganz frisch aufgegangen sind. Auch die jungen Blätter können wir nutzen. Sie haben einen leicht bitteren Geschmack und enthalten Vitamin C und Mineralsalze.

Verwendung der Wiesenschlüsselblume

Sie passen gut zu einem Kräutersalat. Die Blüten verwenden wir für Heiltees. Der Tee wirkt beruhigend auf Gemüt und Nerven. Dieser Tee sollte bei durch Verspannungen verursachten Kopfschmerzen angewandt werden. Auch bei einer Erkältung mit Schnupfen und Husten ist dieser Tee sehr hilfreich, denn er sorgt dafür, dass wir besser abhusten können und ist schweißtreibend. Außerdem ist der Tee blutreinigend, was insbesondere bei Gicht und Rheuma besonders hilfreich ist. Tee aus den Blüten fördert auch den Schlaf.

Die Wiesenschlüsselblume im Volksglauben

Im Volksmund hat die Schlüsselblume einen noch immer großen Platz eingenommen. Nennt man sie doch in vielen Gegenden „Apothekerblume“, „Arzneiprimel“, „Himmelsschlüssel“, „Frauenschlüssel“, „Eierkraut“ oder „Gichtblume“. In Bezug auf die Frauen ist die Schlüsselblume mit unserer altgermanischen Göttin Freya, der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit, in Verbindung gesetzt worden. In einigen Gegenden Deutschlands erzählt man sich, dass, wenn ein junges Mädchen schon in der Karwoche eine erblühte Schlüsselblume erblickte, es noch im selben Jahr heiraten würde.

Nutzt die ersten lauen Frühlingstage auf Rügen und lasst Euch von den gelben Blüten der Schlüsselblume verzaubern. Wenn die Schlüsselblumen wieder blühen, dann erstrahlt auch die Insel Rügen in den kräftigsten Frühlingsfarben.

6. Der Löwenzahn

Der Löwenzahn © René Geyer

Nach dieser wunderschönen „Blume“ braucht man überhaupt nicht lange zu suchen. Überall dort, wo der Mensch siedelt, finden wir diese Pflanze. Die Pflanze scheint selbst die Nähe des Menschen zu suchen.

Löwenzahn in der Küche

Die ersten frischen Löwenzahnblätter sollten immer Bestandteil unseres Speiseplanes im Frühjahr sein. In den ersten selbst gesammelten Wildkräutersalat geschnitten mit einem Spritzer Öl – einfach lecker und gesund. Die Blätter enthalten viele Vitamine sowie Gerb- und Bitterstoffe. Außerdem besitzt Löwenzahn Kieselsäure sowie Spurenelemente wie Magnesium, viel Kalzium und Eisen. Es sind aber die Bitterstoffe die galleflussfördernd, nierenanregend und leberstärkend wirken. Der gesamte Stoffwechsel wird ebenfalls angeregt und die Pflanze hat zudem eine antirheumatische Wirkung.

Eigenschaften des Löwenzahns

Der Löwenzahn gehört zu der Familie der Korbblütler. Er wird wissenschaftlich „Taraxacum officinalis“ genannt. Es soll aber alleine in Deutschland über 800 verschiedene Löwenzahnarten geben. Diese werden auch noch in Obergruppen aufgeteilt, wie zum Beispiel: Flecken-Löwenzähne, Sumpf-Löwenzähne oder Schwielen-Löwenzähne, um nur einige zu nennen. Im Volksmund hat der Löwenzahn so viele unterschiedliche Namen. Das erlebe ich jedes Mal wenn ich bei meinen Kräuterführungen unterwegs bin. So sagen wir in Norddeutschland „Butterblume“ oder „Pusteblume“ zum Löwenzahn, aber auch „Kuhblume“ wird sie hier im Norden genannt. In anderen Regionen nennt man die Pflanze „Saublume“, „Ankeblume“, „Augenblume“, „Pfaffenölrein“ oder auch „Eierblume“ und „Laternenblume“.

Löwenzahn als vermeintliches Unkraut

Für manchen Zeitgenossen ist der Löwenzahn in seinem Garten aber ein „Unkraut“. Ein Begriff, den Ihr bei meinen Führungen nie hören werdet. Wenn aber der Gartenfreund mit seinem “Kübelgartenverständnis“ wüsste, was dort für eine mächtige Pflanze mit so tollen Eigenschaften in seinem Garten gedeiht, würde er sie stehen lassen und nutzen. Für Kinder gehört blühender Löwenzahn zu den ersten Pflanzen, die sie bewundern. Von dem sprachlich so hoch begabten Humoristen Heinz Erhardt stammt ein kleiner Spruch: „Löwenzahn ist schon seit jeher als höchst kriegerisch verschrien, denn er lässt bei gutem Winde Fallschirmtruppen feindwärts ziehn. Und ich sitz auf der Veranda und verzehre meine Suppe und entdecke in derselben zwei Versprengte dieser Truppe“.

7. Der Giersch

Der Giersch © René Geyer

Im Juni bis Juli blüht der Giersch mit kleinen weißen Blüten in flacher zusammengesetzter Dolde. Giersch ist ein wunderschönes Doldengewächs und sucht immer die Nähe zu uns Menschen. Uns sollten im Frühjahr, etwa ab März, die kleinen Blättchen interessieren.

Eigenschaften des Gierschs

Diese noch zarten, nicht voll entfaltenden Blättchen riechen und schmecken beim Zerreiben zwischen den Fingern scharf, würzig und aromatisch und erinnern an Petersilie. Giersch enthält ätherisches Öl sowie Bitterstoffe, Vitamin C und viel Eiweiß. Diese Inhaltsstoffe wirken appetitanregend, schwach blutreinigend, harntreibend und verdauungsfördernd. Giersch ist somit auch ein wertvolles Kräutlein für einen gesunden Start ins neue Jahr. Die für uns so wertvollen jungen Blätter können wir während des ganzen Jahres überall dort ernten, wo regelmäßig abgemäht wird. Giersch treibt nämlich immer wieder bis in den Herbst hinein aus.

Verwendung des Gierschs

Wie alle Wildgemüse, und das ist Giersch im wahrsten Sinne des Wortes, ist er am Morgen geerntet am frischesten. Auch lässt er sich ein bis zwei Tage im Kühlschrank aufbewahren. Auch bei Giersch ist der Kochkunst keine Grenzen gesetzt. Als Beilage an Kräuterbutter, Kräuterquark oder an Suppen verleiht Giersch sein herrliches Aroma. Auch kann er Verwendung zu Fleisch und Gemüsegerichten finden. In der Volksheilkunde wird Giersch bei Gicht, Rheuma und Ischias Beschwerden äußerlich angewandt. Die frischen Blätter werden zerstampft oder zerquetscht, erwärmt und mit einem Tuch auf die betroffene Stelle gelegt. Diese Anwendungen und die Verwendungen in der Küche sollten einem doch dieses meist als „unnützes Unkraut“ betrachtete Pflänzchen in einem neuen Licht erscheinen lassen.

8. Der Fieberklee

Der Fieberklee © René Geyer

Was für eine herrlich aussehende Pflanze ist doch dieser sogenannte Fieberklee. Im Volksmund wird er auch „Bitterklee“, „Magenklee“ oder auch „Wasserklee“ genannt. Botanisch gehört der Fieberklee zu den Fieberkleegewächsen und heiß wissenschaftlich „Menyanthes trifoliata“.

Geschützte Pflanze Fieberklee

In Deutschland ist diese Pflanze gesetzlich streng geschützt und in Mecklenburg-Vorpommern steht die Pflanze auf der Liste der gefährdeten Pflanzen. Sie kommt auf Moorböden vor und an Uferzonen von stillen Moorgewässern, die auch sehr selten geworden und auch bei uns auf Rügen gesetzlich geschützte Biotope sind. Die Pflanze fällt jedem Naturfreund sofort mit ihren schneeweiß gefransten Blüten auf, die noch einen Hauch von Rosa besitzen. Die Blätter hingegen sehen aus wie überdimensionale Kleeblätter, daher auch der Volksname. Die Blütezeit reicht von Ende April bis höchstens Anfang Juni. Diese wunderbaren Blüten ziehen auch magisch immer viele Insekten an.

Wirkung des Fieberklees

Nach neuen Untersuchungen wirken die Inhaltsstoffe des Fieberklees leider nicht fiebersenkend. Aber durch Bitterstoffe, Gerbstoffe, Eisen, Kalium und Vitamin C fördert die Pflanze die Verdauung, wirkt zugleich appetitanregend, schweiß- sowie harntreibend. Als der Fieberklee noch häufiger vorkam, sammelte man nur die Blätter nach der Blüte im Sommer. Die Stängel der Blätter sind hohl und dienen der Pflanze zum Durchlüften. Ein Gehalt von fast 7 Prozent an Gerbstoffen sorgt dafür, dass diese Pflanze, die immer im Wasser steht, nicht faulen kann. Auch nicht beim Trocknen.

Fieberklee in der Volksheilkunde

In der Volksheilkunde wendete man den Fieberklee in Form von Teeaufgüssen an bei Gicht, Harnsäureleiden, Erkältungen und Leberleiden. In skandinavischen Ländern wurde auch die Wurzel verwendet. Die getrocknete Wurzel wurde gemahlen und dem Mehl zusetzt, das zu Brot verarbeitet wurde. Fieberkleewurzel war auch häufig ein Bestandteil von Bitterschnäpsen und Likören.

Für mich ist diese wundersame Pflanze eine Wonne beim Betrachten in der Natur und ein tolles Fotomotiv. Sie zeigt noch gut intakte Feuchtökosysteme an, die unbedingt erhalten werden müssen.

9. Die Schafgarbe

Die Schafgarbe © René Geyer

Seit jeher ist die Schafgarbe eine bekannte und geschätzte Heilpflanze. Seit dem Mittelalter wird sie als die „Augenbraue der Venus“ bezeichnet, was auf ihre Wirkung und Heilung bei Frauenleiden zurückzuführen ist.

Wirkung der Schafgarbe

Die Schafgarbe gehört zur Familie der Korbblütengewächse. Zu finden ist diese Pflanze überall dort, wo die Wiesen noch Wiesen sein dürfen und die Böden nicht überdüngt sind. Gerade das macht dieses Wildkraut zu einer besonderen Pflanze in der Naturheilkunde. Die Schafgarbe besitzt eine Kombination aus ätherischen Ölen, Bitter- und Gerbstoffen. Schon im Frühling fallen die zarten Blattwedel auf Trockenwiesen und selbst an Wegrändern auf. Die zarten Blättchen der noch jungen Pflanze sollte man als Würzkraut alleine oder mit anderen Wildkräutern dieser Jahreszeit in Kräuterbutter, Quark sowie Suppen und Salaten verwenden.

Küchentipp Schafgarbe

Mein besonderer Tipp wäre Rührei mit Schafgarbe, die vorher etwas zum Kochen gebracht wird. Die zarten Blättchen kann man aber auch roh und frisch auf dem Butterbrot verzehren. Die jungen Blättchen lassen sich das ganze Jahr auf regelmäßig gemähtem Rasen finden.

Eigenschaften der Schafgarbe

Schafgarbe blüht weiß bis zart rosa und zieht bis in den Spätsommer unzählige Insekten an, besonders den farbenprächtigen Kleinen Feuerfalter. Das blühende Kraut sollte man mit einer Schere schneiden, ansonsten würde man die Wurzel mit herausreißen! Gebundene kleine Sträuße werden schattig getrocknet. Nach dem Trocknen werden die Blätter und Blüten abgestreift und als Tee verwendet. Die Schafgarbe hat eine stoffwechselanregende, entzündungshemmende und krampflösende Wirkung. Sie ist Bestandteil in Frauentees, vor allem bei Unterleibsbeschwerden. Wer viele Medikamente zu sich nehmen muss, sollte diesen Tee trinken. Er wirkt sich positiv auf Magen und Darm aus. Äußerlich wird die Schafgarbe als Umschlag bei Wunden angewendet. Unseren Vorfahren war die Schargabe der nordischen Göttin Freya geweiht, die Göttin der Liebe, des Glücks und der Gesundheit. Nutzen wir auch heute noch dieses herrlich weiß und rosa blühende Pflänzchen unsere Heimat.

10. Der Bärlauch

Der Bärlauch © René Geyer

Ein Wildkraut, das es wirklich in sich hat: Es schmeckt verdammt gut, riecht gut und wo es vorkommt ist es in großer Menge zu finden. Bärlauch gehört zu den Liliengewächsen.

Verwendung von Bärlauch in Küche und Volksheilkunde

Die Haupterntezeit liegt zwischen März und Anfang Mai. Geerntet werden in dieser Zeit die Blätter, die dann zeitnah verzehrt werden sollten, z. B. auf Butterbrot, in Quark oder Kräuterbutter, an Fleischgerichten oder passend zu anderen Wildkräutern des Frühjahrs. Köstlich aromatisierte Öle zum Würzen lassen sich aus den Zwiebeln und Blättern herstellen. Die Blätter und Zwiebeln enthalten übrigens die gleichen Wirkstoffe wie der Knoblauch und wirken auch wie dieser.

Bärlauch besitzt ätherische Öle, Alliin sowie Mineralsalze und Zucker. Er wirkt fäulniswidrig, blutdrucksenkend sowie herzstärkend und leicht antibiotisch. Bärlauch ist ein sehr gutes Reinigungsmittel für Magen und Darm und unterstützt die Leberfunktionen. Er hilft also vorzüglich, unseren Körper zu
entschlacken. Außerdem beugt er der Arterienverkalkung vor und hilft bei Infektionen der Atemwege. Ist dann der Wonnemonat Mai ins Land gezogen, fängt er an zu blühen. Es duften dann die Flächen, auf denen er wächst schon von Weitem nach Bärlauch und eine weiße Blütenpracht ist zu bewundern. Der Blütenstand hat eine Kugelform mit zahlreichen weißen Blüten. Die essbaren Blüten lassen sich zum Dekorieren von Suppen und Salaten verwenden. Die Blätter vergilben dann und verlieren leider ihr Aroma.

Besonderheiten des Bärlauchs

Im Sommer, etwa ab August, hat sich der Bärlauch so gut wie zurückgezogen. Nun schöpfen die Zwiebeln neue Kraft für das neue Jahr. Der Bärlauch ist ein lichtbedürftiges Zwiebelgewächs und hat sich auf den Lebenszyklus der Laubwälder eingestellt. Bärlauch ist nicht nur bei uns zu Hause. Er ist von Frankreich bis nach Sibirien zu finden. Den Wikingern war Bärlauch dem Donnergott Thor geweiht und er soll Bärenkräfte im Frühling demjenigen verleihen, der ihn nach dem Winter im Frühling reichlich zu sich nahm. Hierzulande ist er in der letzten Zeit schon in aller Munde und dieses köstliche Blatt wird von vielen Köchen hoch geschätzt. Nutzen sollte man die eigentlich kurze Zeit, in der der Bärlauch geerntet werden kann. Dieses Wildkräutlein hat es wirklich in sich.

11. Die Birke

Die Birke © René Geyer

Bei der hier beschriebenen Birke geht es um die Hängebirke (Betula pendula). Dieser herrliche Baum mit seiner weißen Rinde und den kleinen, schön geformten Blättern ist schon bei unseren Altvorderen ein Symbol des Frühlings und des Neuanfangs im Jahreslauf.

Besonderheiten der Birke

Volksnamen für die Birke sind: Besenbaum, Sandbirke oder auch Weißbirke. Die Hängebirke nutzt so gut wie jeden Standort, ob im Halbschatten oder in der vollen Sonne und kann eine Höhe von bis zu 20 Metern erreichen. Ein besonderes Bild im Frühling ist, wenn der junge Blätteraustrieb sich zeigt und der Birkenbaum dann mit seiner weißen Stammrinde in der Frühlingssonne dasteht. Anders schön sieht es dann aus, wenn im Goldenen Oktober die Blätter sich golden färben und der Wind in die Äste fährt und die Blätter zu Boden fallen.

Die Birke im Volksglauben

Die Birke war der germanischen Göttin Freyja geweiht ebenso wie auch der Wochentag Freitag. Noch heute wird der Maibaum aufgestellt – auch ein uraltes heidnisches Ritual in den Dörfern, bei dem die Menschen um den geschmückten Birken- Maibaum tanzen.

Die Birke in der Volksheilkunde

In der Volksheilkunde hat die Birke auch eine besondere Bedeutung gehabt und hat sie auch noch heute. Die Inhaltsstoffe in den Blättern, Knospen und dem Saft sind: Betulin, (Birkenampfer), Säuren, Gerbstoffe, ätherisches Öl, Farbstoff, Natron, Bitterstoffe sowie Harze. Dadurch wirkt die Birke wassertreibend, steinlösend und ist rheumawirksam. Birkenblätter-Tee ist ein sehr gutes harntreibendes Mittel und hilft bei Wassersucht aber auch bei hartnäckigem Blasenkatarrh. Sie ist wirksam bei Gichtleiden, Nierenstein und
Nierengries. Dieser Tee stärkt zudem auch die großen Drüsen und fördert den ganzen Stoffwechsel im Körper. Auch dem im Frühjahr gewonnen Saft der Birke aus dem Stamm des Baumes spricht man eine große Heilwirkung zu. Diesen Saft bekommt man aber heute im Reformhaus oder in der Apotheke. Der Saft ist blutreinigend, fördert den Haarwuchs und hilft auch gegen Schuppen. Die Blätter für den Tee sammelt man am besten im Frühling so gegen Ende April bis in den Mai hinein. Junge Blätter, die man von den Ästen streift, sind leicht klebrig, das kommt von den Harzen in den jungen Blättchen.

12. Wilder Feldsalat

Wilder Feldsalat ©© René Geyer

Dieses schmackhafte kleine Wildkraut ist eigentlich schon im März zu finden, wenn die Tage merklich wärmer geworden sind. Besonders an leichten Südhängen findet der aufmerksame Kräuterkundige die sattgrünen kleinen Blattrosetten des Feldsalates. Am besten gleich mal bücken und die Blätter kosten – herrlich mild und nussig der Geschmack.
Wilder Feldsalat ist natürlich nicht so üppig und groß im Blattwerk, wie der Feldsalat im Bioladen. Dennoch findet man die Blattrosetten immer in größerer Menge auf ungedüngten und nährstoffarmen Wiesen und Brachflächen.

Eigenschaften des Wilden Feldsalats

Die Pflanze gehört zu den Baldriangewächsen und wird 5-20 cm hoch. Der Wilde Feldsalat wirkt sich sehr positiv auf den Stuhlgang aus, ist antiinfektiös und blutreinigend. Diese doch unscheinbare Pflanze
besitzt reichlich Vitamin A und C. Unter anderem besitzt der Feldsalat auch Fett – 0,5 Gramm auf 100 Gramm Salat. Ab April fängt die Pflanze an zu blühen bis hinein in den Wonnemonat Mai mit herrlich anzuschauenden hellblauen, sehr kleinen Blüten. Einen toller Duft entströmt diesen Blüten. Nur ist dann die Pflanze leider nicht mehr als Salat zu verwenden. Allerdings kann man die Blüten als Dekoration für Salate verwenden. Da die Pflanze zu den Baldriangewächsen gehört, lockt sie ab Juni Katzen an.

Kräuter im Sommer

Endlich Sommer auf der schönen Insel Rügen. Die Tage haben ihre längste Zeit. Überall blüht und grünt es in voller Farbenpracht. Diese Pflanzen lieben den Frühsommer so sehr wie wir. Hier erfahrt Ihr mehr über Rügens sommerliche Natur!

1. Die Gewöhnliche Ochsenzunge

Die Gewöhnliche Ochsenzunge © René Geyer

„Was für eine hübsch anzusehende Pflanze ist das denn?“ Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt, wenn am Wegesrand auf Mönchgut im Südosten der Insel Rügen die Urlauber oder auch Einheimischen mich bei meinen Wanderungen begleiten. Nach Beantwortung der Frage, um was es sich hier handelt, gehen wir dann in die Knie und berühren die länglich schmalen Blätter. Nun weiß jeder, warum der Volksmund dieser Pflanze diesen Namen gab.

Aussehen der Gewöhnlichen Ochsenzunge

Die Blätter sind rau behaart und fühlen sich an wie die Zunge eines Ochsens. Die Ochsenzunge gehört zu der Familie der Raublattgewächse. Die Pflanze kann eine Wuchshöhe von 80 cm erreichen. Sie kommt auf trockenen Böden bis in die Breiten der Mittelgebirge noch häufig vor. Gebietsweise ist diese Pflanze in Deutschland aber unter Schutz gestellt worden. Der Volksmund gab Namen wie „Blutwurz“ oder „Liebäugelein“. Die Farbenpalette der Blüten reicht von reinweiß über helles blau bis hin zum dunkelsten Violett. In manchen Jahren, wenn die Wiesen im Juni länger ohne Schnitt oder Beweidung stehen, kommt sie massenweise vor, um dann mit ihrer Farbenpracht die Wiesen in einem ganz besonderen vorhochsommerlichen Licht erstrahlen zu lassen. Die Pflanze blüht schon von Ende April bis in den September hinein.

Die Gewöhnliche Ochsenzunge in der Volksheilkunde

Die Volksheilkunde verwendete die Ochsenzunge früher häufig. Tees aus den Blüten und jungen Blättern galten als mildes Abführmittel sowie als sanfter Stimmungsaufheller bei Depressionen und Melancholie. Der Tee gilt als sehr gutes Mittel gegen Husten, Bronchitis und Erkältungskrankheiten. Inhaltsstoffe der Pflanze sind außer Flavonoide, Schleimstoffe sowie Gerbstoffe und Alantoin. Ochsenzunge wirkt herzstärkend, erweichend, schleimlösend und harntreibend.

Verwendung der Gewöhnlichen Ochsenzunge

Die jungen Triebe und Blätter eignen sich vor der Blüte zur Verwendung an Gemüsegerichten oder in den Salat. Die Blüten hingegen lassen sich als essbare Dekoration für Suppen und Süßspeisen verwenden. Man könnte sogar die sorgfältig getrockneten Blätter von Mai bis in den September zu Rauchtabak verwenden. Die Wurzel hingegen ließe sich ab September bis in die Wintermonate als aromatisierende Einlage in Wein ansetzen.

Die Blüten im Juni sind für unsere heimische Insektenwelt ein besonderer Anziehungspunkt. Unzählige Tagfalter, Bienen, Wildbienen und Käfer nutzen den schönen Blütentraum. Wer einmal still und leise stehen bleibt, dem wird sich vor seinen Augen oder der Kamera eine Welt eröffnen, die heute doch schon selten geworden ist und die uns deshalb immer wieder in den Bann zieht. Es ist Sommer geworden auf der Insel Rügen und wir können den Zauber an allen Stellen genießen und bestaunen.

2. Der Lindenbaum

Der Lindenbaum © René Geyer

Die Linde ist ein stattlicher Baum – ob Sommer – oder Winterlinde. Auf Rügen gibt es prächtige Lindenbäume, wie die Linde im Park bei Nesebanz im Südwesten der Insel Rügen. Auch im Park von Putbus gibt es weitere stattliche Exemplare. Die Sommerlinde unterscheidet man von der Winterlinde zum Beispiel dadurch, dass die Blätter der Sommerlinde größer sind, aber weniger Blüten an den Blütenständen wachsen. Linden blühen ab Juni bis in den Juli hinein. Wer unter einem blühenden Lindenbaum wandelt, wird das Summen der zahlreichen fleißigen Bienen vernehmen.

Verwendung der Lindenbaumblüten

Wir sollten uns nun beeilen die Blüten zu ernten. Dabei werden die Blüten und die Deckblätter geerntet. Es sollte zudem eine trockene und sonnige Witterung herrschen. Man hat etwa 1 bis 3 Tage Zeit für die Ernte, denn der Blütentraum ist schnell vergangen. Zumal die Bienen ebenfalls ihre Pollenernte halten. Die angenehm duftenden Blüten werden für Tee gesammelt. Dieser wirkt Wunder bei Erkältungen, ist schlaffördernd und beruhigend. Lindenblütentee wirkt ebenso schweißtreibend wie Holunderblütentee. Luftdichte Lagerung des Tees bewahrt das Aroma. Die Inhaltsstoffe der Blüten sind: Schleim, Gerbstoffe, Flavonoide, ätherisches Öl und Wachs.

Geschichten um den Lindenbaum

Wie oft ist doch dieser Baum besungen oder in Gedichten beschrieben worden. In der Mythologie nimmt der Lindenbaum einen ganz besonderen Platz ein. War er doch Baum unter dem Gericht gesprochen wurde. Die Linde war und ist ein heiliger Baum mit dem Wohnsitz der Göttin Freya als Schutzherrin der weiblichen Gerechtigkeit. Unter dem Lindenbaum trafen sich frisch verliebte Paare, um sich dort schon lange vor der eigentlichen Trauung das Ja-Wort zu geben.

In vielen Teilen Deutschlands werden auch heute noch unter alten und großen Lindenbäumen Feste gefeiert. Eine Linde am Haus soll vor bösen Geistern und vor Hexen und Hexerei schützen. Der Lindenbaum ist dem Menschen ein zugeneigter Baum mit einem Wesen, der wie kein anderer den Begriff der Familie oder der Heimat verbinden kann. Heute werden viel zu wenige Lindenbäume im Siedlungsbereich oder in die Hausgärten gepflanzt. Es wird leider in der schnelllebigen Zeit oft als Last empfunden, die wunderschön gelben Blätter im Herbst zusammenzufegen.

So ein Lindenbaum kann über Generationen seinen Schatten im Hochsommer spenden und das Gefühl von Heimat und Geborgenheit versinnbildlichen.

3. Die Schwanenblume

Die Schwanenblume © René Geyer

Eine ganz besondere Pflanze blüht um diese Jahreszeit an Rügens Ufern von Gräben und Teichen. Die Schwanenblume gehört zur Familie der Wasserlieschgewächse bzw. Schwanenblumengewächse. Ihr wissenschaftlicher Name ist “Butomus umbellatus“. Die Blume wird auch „Wasserliesch“, „Blumenbinse“, „Wasserviole“ oder auch „Doldige Schwanenblume“ genannt.

Aussehen der Schwanenblume

Die Schwanenblume ist eine ausdauernde krautige Pflanze und wird 50 cm bis stattliche 150 cm hoch. Sie fällt einfach auf, wenn sie ihre wunderschönen Blüten im Juni an den Rändern von Gewässern zeigt. Die Blüten sitzen auf einem langen, runden Stängel in einem endständig doldigen Blütenstand. Die Blüte besitzt bis zu 30 Einzelblüten. Diese Blüten entfalten nach und nach ihre schön anzusehenden Blütenblätter und duften darüber hinaus sehr angenehm nach Honig. Durch diesen Duft werden in diesem Lebensraum vor allen Dingen Schwebfliegen, Bienen und Hummeln angelockt. Die gesamte Pflanze steht in größerer Wassertiefe, aber auch im Randbereich von Gewässern. Die Blätter sind grasartig, linealisch und rinnig, fast dreikantig und sie können bis zu 1 cm breit werden.

Verwendung der Schwanenblume

Die Schwanenblume wurde früher auch in der Küche verwendet. Die Wurzel, das Rhizom, kann bis zu 60 % Stärke enthalten und ist essbar. In Europa wurden deshalb in Notzeiten die Wurzelstöcke gegessen. Auch in der Volksheilkunde bzw. in der Pflanzenkunde wurde die Schwanenblume mit all ihren Teilen genutzt. So wurden der Wurzelstock und die Samen beispielsweise als Heilmittel bei Wassersucht angewandt. Im Mitteleuropa ist die Schwanenblume bereits sehr selten geworden und in einigen Teilen Deutschlands steht sie bereits auf der Liste der gefährdeten Pflanzen.

Deshalb wurde die wunderschöne Schwanenblume von der „Loki Schmidt Stiftung“ zur Blume des Jahres 2014 ernannt. Damit wird auch immer auf einen bedrohten Lebensraum aufmerksam gemacht. Auf Rügen gibt es an vielen Stellen noch die Schwanenblume. Wir alle sollten dazu beitragen, dass Kleingewässer, Gräben und Teiche Lebensräume bleiben, in denen die Schwanenblume auch weiterhin unser Auge erfreut.

4. Die Rapunzel-Glockenblume

Die Rapunzel Glockenblume © René Geyer

Auf Wiesen, die an ihren Rändern Gehölzgruppen oder auch Hecken besitzen, können wir um diese Jahreszeit eine wunderschön blühende Glockenblumenart sehen. Man nennt diese Pflanze Rapunzel-Glockenblume. Von Juni bis in den August hinein blüht sie mit ihren trichterförmigen, hellblau-lila Blüten. Von Europa über Sibirien bis Nordafrika ist sie zu Hause. In einigen Ländern Mitteleuropas steht sie unter Naturschutz. Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern steht sie auf der Liste der gefährdeten Pflanzen, der sogenannten Roten Liste. Dort wird sie unter ihrem wissenschaftlichen Namen Campanula rapunculus als gefährdet geführt.

Verwendung der Rapunzel-Glockenblume

Die Rapunzel wurde bis ins 17. Jahrhundert in fast jedem Bauerngarten angepflanzt. Sie besitzt eine etwa daumendicke, 6 bis 10 cm lange und fleischige weiße Wurzel. Die Wurzel wurde vom Herbst bis in das Frühjahr hinein geerntet und wie Rüben gekocht. Ihr Geschmack ist süßlich angenehm und erinnert an Walnüsse. Etwas kleinere Wurzeln ließen sich mit Essig, Zitronensaft, Salz und Pfeffer verfeinert auch roh als Wintersalat verzehren. Der Volksmund gab dieser wunderschönen Glockenblumenart Namen wie „Ackerrapunzel“, „Regenblume“ oder „Fürwitzlein“. Die Inhaltsstoffe der Wurzel sind Gerbstoffe, Inulin, Vitamin C und Bitterstoffe.

Rapunzel-Glockenblume im Volksglauben

Das Märchen von Rapunzel bezieht sich übrigens auf diese Glockenblumenart. In der Sage wie im Märchen verkörpert diese Blume, wie alle blau blühenden Blüten, das Reich der Elfen und Pflanzengeister. Man brachte diese Glockenblume im Volksglauben auch immer mit dem Gewitter in Verbindung. So durfte sie nicht abgebrochen und mit nach Hause genommen werden, da sonst der Blitz ins Haus einschlüge. Auch das Glück bleibt demjenigen fern, der sie bricht und er zieht sich den Regen herbei. Diese Überlieferungen haben damit zu tun, dass die Blütenglocken immer schon als sicherer Unterschlupf für Elfen und Erdgeister bekannt waren. Man sollte diesem munteren Volke auf keinen Fall seinen Unterschlupf nehmen.

Übrigens ist es ein erhebendes Naturschauspiel, wenn man sich ein wenig Zeit nimmt und Insekten bei ihrem Besuch auf diesen Blüten zuschaut. Es scheint, als ob die Pflanze ganz bewusst ihre Blütenpracht dem Sonnenlicht entgegenstreckt, um damit die nicht nur die Naturgeister, sondern auch uns Menschen anzulocken.

5. Das Echte Labkraut

Das Echte Labkraut © René Geyer

Alle Farben des Sommers sind zu sehen und oft leuchtet es goldgelb an einer Stelle heraus. Es ist das echte gelbe Labkraut, einem Rötegewächs, dessen starker Duft nach Honig uns beim näheren Betrachten in die Nase steigt.

Aussehen des Echtes Labkrauts

Diese Pflanze wird 15 bis 80 cm hoch, hat einen rundlichen, rauhaarigen und verästelten Stängel. Die Blätter erinnern an den Waldmeister, die Blüten – kleine gelbe Sternchen – stehen an einer sehr dichten endständigen Rispe. Immer auf trockenen Wiesen, an Wegrändern oder auch auf Lichtungen im oder am Waldrand blüht dieses Kraut von Juni bis September. Auch hier gab der Volksmund mehrere Namen wie „Ameisenkraut“, „Bettstroh“, „Bienenwertel“, „Blutstill“, „Liebfrauenstroh“, „Liegkraut“ oder „Magerkraut“ sowie „Sternkraut“.

Inhaltsstoffe des Echtes Labkrauts

Die Inhaltsstoffe sind Labferment, Kieselsäure, Gerbstoff, ätherisches Öl, Aucubin. Das Labferment (in 100 g Blatt / 1 mg Ferment) bringt Milch zum Gerinnen. Dies wurde früher gern für die Käseherstellung genutzt. Labkraut wirkt krampflösend, wasser- und harntreibend, drüsenanregend, wundheilend, blutreinigend, schleimlösend sowie nervenberuhigend. Gesammelt wird das blühende Kraut und sorgfältig getrocknet.

Das Echte Labkraut in der Kräuterheilkunde

In der Kräuterheilkunde wird es als Tee empfohlen, um Gift und Abfallstoffe über den Urin aus dem Körper zu entfernen. Man kann auch Labkraut mit Goldrutenkraut und gelber Taubnessel zu gleichen Teilen mischen und bei Nierenleiden schluckweise trinken. Labkraut kommt zur äußerlichen Anwendung bei schlecht heilenden Wunden oder Ausschlägen. Das gequetschte, frische Kraut wird im Ganzen auf Wunden gelegt und hat eine blutstillende und wundheilende Wirkung.

Als Tee getrunken hilft es bei hoher nervlicher Belastung und sorgt für eine bessere Ausgeglichenheit. Labkraut, besonders die Wurzel, wird heute noch als Färberpflanze benutzt, da es einen roten Farbstoff erzeugt. Die Blüten ergeben hingegen einen gelben Farbstoff, den man nicht nur zum Färben von Stoffen, sondern auch zum Malen nutzen kann.

Das gelbe echte Labkraut galt aber bei unseren Altvorderen auch als heiliges Kraut und war der germanischen Göttin Freya geweiht, der Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit. Man legte gebärenden Frauen Labkraut ins Bett, um sie vor Schaden zu bewahren. Auch glaubte man früher, dass das Labkraut nur dort stehen solle, wo besondere Plätze in der Natur sind. Die Natur ist etwas ganz Besonderes. Daher sollten wir sie auch wieder achten und schätzen lernen und auch zulassen, dass solche Kräuter wieder vermehrt auf wunderschönen Wiesen zu finden sind.

6. Der Klatschmohn

Der Klatschmohn © René Geyer

Der Klatschmohn ist von der Loki-Schmidt-Stiftung zur „Blume des Jahres 2017“ ernannt worden. Diese wunderschöne Pflanze gehört zu den Mohngewächsen und blüht von Mai bis in den Juli hinein. Der Klatschmohn ist eine ein- bis zweijährige, krautige Pflanze, die eine Wuchshöhe von 30 bis 80 cm erreichen kann.

Aussehen des Klatschmohns

Die Pflanze bringt diese wunderschön anzusehenden Blüten hervor, die sich nur etwa 2 bis 3 Tage halten. Es lohnt sich daher auch auf keinen Fall diese Pflanze zu pflücken, denn man hat so gut wie gar nicht von dem kurz anhaltenden Blütentraum. Bei relativ wenig Wind ist diese scharlachrote Blüte aber ein sehr, sehr schönes Fotomotiv. Besonders wenn an unseren Ackerrändern sich im Frühsommer zu dem Rot des Klatschmohns auch noch die blauen Blüten der Kornblume gesellen.

Der Samen vom Klatschmohn keimt auf offenem Boden. Sein Zuhause ist das Brachland oder auch mal eine Wiese nach einem leichten Umbrechen. Klatschmohn verträgt keinen dichten Grasbewuchs. Wie ein glutroter Feuerstreifen kann Klatschmohn Getreidefelder durchziehen, die nicht totgespritzt werden und auf die auch kein Mineraldünger aufgebracht wird. Ein gutes Beispiel für sogenannte Artenvielfalt zeigen noch heute die letzten Ackerstreifen im Naturschutzgebiet Zicker Höft auf Mönchgut.

Verwendung des Klatschmohns

Wenig Verwendung fand der Klatschmohn in der Volksheilkunde und der Küche. Die Blütenblätter kann man in geringer Menge an einen Wildkräutersalat geben. Der Genuss der Samen ist ungefährlich, da er nur sehr gering die narkotisierende Wirkung der Mohnsubstanzen enthält. Die getrockneten Samen aus den Kapseln aufs Butterbrot oder an den Fruchtsalat schmecken angenehm nussartig. In den typischen Kapselfrüchten des Klatschmohnes sind bis zu 2000 recht kleine dunkle Mohnkörner enthalten, die ein rasselndes Geräusch erzeugen, wenn die Kapsel trocken und reif ist. Übrigens der Botaniker Raoul Heinrich Frances ließ sich 1919 von jener Mohnkapsel inspirieren und erfand schließlich den Salzstreuer, wie wir ihn heute noch benutzen.

7. Die Wegwarte

Die Wegwarte © René Geyer

Wie oft bleibe ich stehen, wenn ich dieses Wildkraut im Sommer schon in den ersten Vormittagsstunden mit seinen himmelblauen Blüten am Wegesrand oder auf Wiesen sehe. Dann „warte“ auch ich ein Weilchen und weiß, das wird ein sonniger Tag beim Betrachten dieser „Pflanzenschönheit“. Der Volksmund gab Namen wie „Sonnenwedel“, „Hansel am Weg“, „Zigeunerblume“, „Zichorie“, „Rattenwurz“ oder „Wegeleuchte“. Sie wächst an Weg- und Straßenrändern, auf Weiden und Schuttplätzen.

Aussehen der Wegwarte

Die Wegwarte gehört zu den Korbblütengewächsen, wird 30 bis 100 cm hoch und ist sparrig verzweigt. Aus einer starken, spindelförmigen Wurzel, die im Boden tief verankert ist, entwickelt sich ein kantig hohler, rauhaariger Stängel an dem im unteren Bereich schrotsägeförmige Blätter wachsen. Aus der ganzen Pflanze, wird sie einmal verletzt, bricht ein weißlicher, milchartiger, bitterer Saft aus.

Die Wegwarte in der Heilkunde

Die Wegwarte besitzt wertvolle Inhaltsstoffe, die da wären: Inulin, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Zucker, Mineralstoffe – vor allem Kalium, sowie Vitamine. Diese Inhaltsstoffe verleihen ihr folgende Eigenschaften: Sie wirkt verdauungsfördernd, appetitanregend, harntreibend, abführend und blutstillend. Gesammelt werden im Frühjahr die noch jungen Blätter am Boden, wenn die Pflanze noch sehr klein ist. Diese Blätter können – ähnlich wie Löwenzahnblätter – an den ersten Kräutersalat gegeben werden. Durch die Bitter- sowie Gerbstoffe reinigen wir unser Blut und helfen auch den Körper zu entschlacken. Bei Verdauungsschwäche schafft ein Tee Abhilfe, der kalt angesetzt und wallend aufgekocht wird. Volksheilkundlich erwähnt man Anwendungen des Frischsaftes der Wegwarte bei der Senkung des Blutzuckerspiegels.

Die Wegwarte in der Küche

Aber nicht nur in der Heilkunde findet diese wunderschöne Pflanze Anwendung, sondern auch in der Küche. Die Wurzel wurde geröstet und als Kaffee-Ersatz genommen. Die Wurzel kann auch als Gemüse genutzt werden. Dazu wird sie erst gründlich gewässert, um den bitteren Geschmack zu mildern und dann ähnlich wie anderes Wurzelgemüse verwendet.

Übrigens: Die blaue Wegwarte ist eine alte germanische Zauberpflanze, von der man sagt, dass man leichter erreicht, was man sich wünscht, wenn man sich mit dem Saft des Krautes einreibt.

Für mich zählt die Wegwarte zu den heimischen Wildkräutern, die wunderschön anzusehen sind und das mich auch an die Kinderzeit erinnert. Seinerzeit habe ich sie gern mit nach Hause genommen. Zuhause musste ich aber traurig feststellen, dass die Blüten allesamt schnell geschlossen waren. Erfreuen wir uns also an diesem wunderschönen Wildkraut an seinem Standort und lassen wir es dort stehen, sodass auch der Wanderer nach uns sich an seiner Pracht erfreuen kann.

8. Das Echte Johanniskraut

Das Echte Johanniskraut © René Geyer

Der Standort des Johanniskrautes sind Wiesen, Wegränder, Heiden, Waldlichtungen sowie Kahlschläge. Johanniskraut bevorzugt besonders saubere und nicht gedüngte Standorte, was natürlich ein besonderes Augenmerk auf dieses Kraut lenken sollte.

Aussehen des Echten Johanniskrauts

Die Pflanze wird etwa 30 bis 80 cm hoch und besitzt einen harten, runden, zweikantigen bzw. zweiflügeligen Stängel, der sich nach oben verzweigt. Die Blättchen sind fast glattrandig, länglich bis eiförmig und sitzen gegenständig am Stängel. Auffallend bei den Blättern: sie wirken wie punktiert. Haltet Ihr ein solches Blatt in die Sonne, wirkt es wie mit kleinen Nadeln durchstochen. Dort sitzen die kleinen Öldrüsen. Johanniskraut hat gelbe Blüten mit fünf gelben Blättchen. Beim Zerreiben der Blüten und Blütenknospen sollten sich die Finger rot färben. Dieser Saft wird durch das harzartige Hypericin gefärbt. Johanniskraut besitzt keinen besonderen Geruch und der Geschmack ist etwas herb und bitter.

Das Echte Johanniskraut in der Naturheilkunde

Als Inhaltsstoffe sind ihm Gerbstoffe, ätherisches Öl, Bitterstoffe sowie Flavone eigen. Diese Stoffe machen dieses Kräutlein besonders wertvoll. Johanniskraut ist als wertvolles Nervenkraut zu betrachten, als Wundmittel ist es jedoch ebenfalls nicht zu unterschätzen. Johanniskraut, auch „Hartheu“, „Sonnwendkraut“, „Tüpfelhartheu“, „Blutkraut“ genannt, bringt Licht und Sonne ins Herz und in die Seele. Johanniskraut blüht von Juni bis in den August hinein und dann wird es auch geerntet.

Im Schatten getrocknet und als Tee getrunken, wirkt es gegen depressive Verstimmungen und ist deshalb in der langen Winterzeit besonders wertvoll. Der Tee wirkt beruhigend aufs Gemüt und entspannt die Nerven, ohne zu ermüden. Der Tee kann auch als Waschung bei schlecht heilenden Wunden oder Verletzungen sowie Verbrennungen äußerlich genutzt werden. Blüten und Blütenknospen werden sorgfältig gesammelt und ohne zu waschen frisch in gutes Olivenöl gegeben (1/4 Blätter + 3/4 Blüten). Diesen Ansatz lässt man 4 bis 6 Wochen an einem warmen Ort stehen, schüttelt ihn zwischendurch öfter durch, filtert ihn dann ab und stellt die rotgewordene Flüssigkeit kühl.

Dieses „Rot-Öl“ kann bei leichtem Sonnenbrand, Nervenschmerzen, Verstauchungen, Blutergüssen sowie Quetschungen eingerieben werden. Außerdem ist Johanniskraut-Öl ein hervorragendes Hautpflegemittel. Das Johanniskraut ist ein wertvolles Kleinod der Natur, das wir unbedingt nutzen sollten.

9. Die Knoblauchsrauke

Die Knoblauchsrauke © René Geyer

Schon im zeitigen Frühjahr sind die zarten nierenförmigen Blätter der Knoblauchsrauke im Unterholz an Hecken und Waldrändern zu finden. Sie gedeiht auf nährstoffreichen, frischen Böden meist im Halbschatten und das in Gesellschaft von anderen wertvollen Wildkräutern. Zerreibt oder zerschneidet man nun ein solches Blatt, duftet es stark nach Knoblauch.

Verwendung der Knoblauchsrauke

Die Wirkung ist ähnlich von Bärlauch und Knoblauch nur sehr viel schwächer. Die Blätter sammelt man vor der Blüte in den Frühjahrsmonaten, ab März kann sie aber bis in den Herbst der nachwachsenden Pflanzen ernten. Während der Blüte – etwa ab Mai – schmecken die Blätter etwas bitter. Die Blättchen der noch jungen Pflanze pflückt man möglichst vormittags, da sie dann am saftigsten sind. Die Blüten sind weiß wie an einer Traube angeordnet, mit vier kleinen Blütenblättchen, die bei Berührung leicht abfallen. Die Pflanze gehört zu der Familie der Kreuzblütengewächse.

Sie lässt sich vorzüglich verwenden in Kräuterbutter, Quark und Salaten – auch in Kombination mit anderen Wildkräutern im Frühjahr. Die Heilanwendung gleicht dem Bärlauch, nur viel schwächer. Getrocknet, in Kombination mit anderen Würzkräutern, lässt sich ein vorzüglich schmeckendes Wildkräutersalz herstellen.

Die Blätter haben eine antiseptische und wundheilende Wirkung bei leichten Verletzungen der Haut. Die Pflanze besitzt ätherische Öle sowie Senfölglycoside, die auch leicht harntreibend wirken und somit gern bei Kuren sowie bei rheumatischen Beschwerden und Gicht Anwendung findet. Der Volksmund gab diesem Kräutlein auch Namen wie „Lauchkraut“ oder „Lauchhederich“.

10. Das Gemeine Leinkraut

Das gemeine Leinkraut © René Geyer

In der Nähe von menschlichen Siedlungen, an Wiesenrändern oder an Feldrainen auf trockenen Standorten ist diese Pflanze mit ihren hell-leuchtend gelben Blüten zu finden. Leinkraut ist eine mehrjährige Pflanze, die eine Höhe von 30 bis 50 cm erreichen kann. Leinkraut gehört zur Familie der Braunwurzgewächse und benötigt viel Sonne, durch die sie von Juni bis in den Oktober hinein blüht.

Das Gemeine Leinkraut in der Volksheilkunde

Der Volksmund gab Namen wie „Frauenflachs“, „gelbes Löwenmaul“, sogar als „wilder Flachs“ wurde sie bezeichnet oder als „Froschmaul“. Die Volksheilkunde berichtet von äußerlichen Anwendungen, bei Vorliegen unterschiedlichster Hauterkrankungen. Leinkraut wurde zu Umschlägen, Auflagen und für Vollbäder genommen. Diese Anwendungen mit Leinkraut wirken hautschonend und geben der Haut Heilimpulse. Anschwellungen bei Verletzungen gehen bei Auflage mit gebrühtem Kraut zurück. Der frisch ausgepresste Pflanzensaft beseitigt kleinere Ausschläge und Flecken auf der Haut.

Eine Teemischung aus den Blüten des Leinkrautes mit Klettenblüte, Primel, Habichtskraut, Goldrute, Beinwell und Kalmus wurde bei Harnsäureleiden, Gicht, Gelbsucht und Rheuma angewandt. Der Tee wirkt entzündungshemmend für den Bereich der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse. Die Wirkung der Pflanze ist schweißtreibend, harntreibend, abführend, entzündungshemmend und antirheumatisch. Inhaltsstoffe der Pflanze sind: Vitamin C, Pektine, Tannine.

Das Gemeine Leinkraut in der Küche

Die Pflanzenblüten lassen sich auch in der Küche verwenden. Frisch voll erblühte Blüten sind eine herrliche Dekoration. Sie passen zum Beispiel sehr gut auf den Vanillepudding. Die Blüten erinnern dem Geschmack nach an Melone. Die Blüten können auch als essbare Dekoration in den Salat, in die Fischsuppe oder auf den Teller gelegt werden.

Weitere Verwendungen des Gemeinen Leinkrauts

In der Landwirtschaft kannte man das Leinkraut als Einstreu, das unter anderem die Fliegenplage etwas reduzierte. Insekten und bestimmte Fliegen mögen das Leinkraut nicht und meiden den Geruch. Eine starke Abkochung aus der ganzen Pflanze wäre ein natürliches Anti-Fliegen-Mittel.

Leinkraut war und ist ein Berufs- oder Beschreikraut. Um festzustellen ob ein Kranker, besonders ein Kind, seine Krankheit durch einen sogenannten bösen Gedanken anderer Menschen bekommen hat, kochte man Leinkraut und Ziest und badete den Kranken in diesem Absud. Dieses Wasser stellte man nun unter das Bett des Kranken. Wurde es trübe, so glaubte man, es komme vom „Beschreien“.

Müde Wanderer legten sich etwas vom Leinkraut in die Schuhe, um wieder flotten Fußes ihren Weg fortzuführen.

11. Der Rainfarn

Der Rainfarn © René Geyer

Im August und September blüht dieses gelbe stattliche Kraut. Rainfarn gehört zu den Korbblütengewächsen. Die Pflanze wird bis zu über einem Meter hoch und gedeiht auf gutem feuchtem Boden mit voller Sonne, aber auch noch im Halbschatten. Volksnamen sind im Norddeutschen: „Gäl Knöpp“ oder „Kroppkrut“. Auch wird Rainfarn als „Wurmkraut“, „Heilware“, „Kraftwurz“ oder „Viehwermut“ bezeichnet.

Wirkung des Rainfarns

Die Inhaltsstoffe sind vor allen Dingen ätherisches Öl mit viel Thujon, daher auch der typische Duft der schönen gelben Blüten. Außerdem besitzt Rainfarn Bitterstoffe, Gerbstoffe und Vitamine. Das ätherische Öl wirkt zum Beispiel wurmwidrig. Rainfarn wird wie früher auch heute noch gelegentlich in der Volksmedizin als sogenanntes Wurmmittel eingesetzt, besonders bei Spul- und Madenwürmern. Auch äußerliche Anwendungen sind bekannt. Den Tee als Gurgelmittel verwendete man bei schlechtem Atem. Die frischen zerdrückten Blätter oder einen starken Aufguss legte man als Umschlag bei Krampfadern, Geschwülsten und Verrenkungen auf und beeinflusste so die betroffenen Stellen positiv. Ein starker Aufguss als Kopfwäsche vertrieb Läuse. Einen Strauß des blühenden Krautes in eine Wäschetruhe gelegt oder in einen Schrank gehängt, vertrieb Fliegen oder Motten.

Auch als appetitanregendes Mittel wurde die Droge angewendet. Wegen der Giftigkeit einiger Rassen des Rainfarns, die nur schwer voneinander zu unterscheiden sind, ist unbedingt von einer Selbstbehandlung abzuraten! Vergiftungserscheinungen wie Schwindel, Krämpfe, Leibschmerzen oder Atemnot können die Folge sein. Schwangere Frauen sollten Rainfarn meiden.

Der Rainfarn in der Küche

Auch in der Küche findet Rainfarn seine Verwendung. Nach Steffen Guido Fleischhauer (Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen Mitteleuropas), verwendet man die noch zarten Fiederblättchen von April bis Juli in sehr kleinen Mengen als Beigabe zu Salaten. Diese Blättchen sind dann vom Geschmack leicht bitter sowie zitronenaromatisch. Wissen sollte man jedoch, und das beschreibt auch Herr Fleischhauer, dass Rainfarn in größeren Mengen durch sein ätherisches Öl Übelkeit erzeugen kann und in übermäßigen Mengen gefährlich giftig wirken kann. 

Rainfarn ist aber auch anders zu nutzen. Seine gelben Blütenstände ergeben einen schöner Schmuck für Gestecke oder Richtkronen und halten sich eine recht lange Zeit. Die Blüten einmal ganz aus der Nähe betrachtet, sind eine kleine botanische Schönheit. Außerdem wird Rainfarn gerne von unzähligen Schwebfliegen oder Käfern angeflogen, weshalb es sich lohnt, auf die schönen gelben, wie Knöpfe aussehenden Blüten zu achten.

12. Das Franzosenkraut

Das Franzosenkraut © René Geyer

So manchem Gartenfreund ist es wohl ein Dorn im Auge, dieses eigentlich unscheinbare Kräutlein. Das Franzosenkraut, ob nun das kleinblütige oder das behaarte Franzosenkraut, ist verwandt mit einer Blume, die wir alle lieben – der großen Sonnenblume. Beide gehören zur Familie der Korbblüter. Und kommen ursprünglich aus Übersee – die Sonnenblume aus der Mitte Nordamerikas und das Franzosenkraut aus Süd- und Mittelamerika. Der Sonnenblume schenken wir volle Aufmerksamkeit, dem Franzosenkraut rücken die meisten mit der Hacke zu Leibe oder reißen sie aus. Und das zu Unrecht.

Besonderheiten des Franzosenkrauts

Das Franzosenkraut ist eine Pflanze mit dem höchsten Eisengehalt aller Wildpflanzen. Auch der enorme Kalziumgehalt macht sie zu einer wertvollen Gemüsepflanze. Nur die Brennnessel liegt beim Kalziumgehalt darüber. Wie schon erwähnt, stammt die Pflanze aus Peru und bekam ihren Namen um 1800, als sie aus dem Botanischen Garten in Paris auswilderte und sich fast gleichzeitig wie die Truppen Napoleons auf die Wanderschaft durch ganz Europa aufmachte. Die Pflanze verbreitete sich dann mit einer rasenden Geschwindigkeit und war bereits 40 Jahre später in ganz Deutschland ein „gefürchtetes“ Unkraut.

Dabei lässt sich dieses Kraftpaket, das noch dazu wunderschön kleine Blüten besitzt, für uns und unsere Gesundheit nutzen. Sie benötigt stickstoffreichen Boden, volle Sonne bis Halbschatten. Eine Pflanze kann bis zu 100 000 Samen hervorbringen und diese können sogar bis zu 10 Jahre keimfähig bleiben.

Inhaltsstoffe des Franzosenkrauts

Die Inhaltsstoffe der Pflanze sind Schleimstoffe, Bitterstoffe, Vitamine, Eisen in großer Menge und dazu eben noch viel Kalzium. Durch diese Stoffe wirkt die gesamte Pflanze auf unseren Körper immunstärkend und allgemein kräftigend.

Die noch jungen zarten Blättchen und Stiele der Pflanze können frisch oder aber auch gekocht verwendet werden und sind sehr wohlschmeckend und gesund.

Übrigens stellt das Franzosenkraut keine ernstzunehmende Konkurrenz zu Erdbeeren oder anderen Pflanzen im Garten dar. Im Gegenteil – diese Pflanze bereichert den Boden um die Nutzpflanzen herum und wir können sie getrost im heimischen Garten dulden und die schönen kleinen Blüten aufs Butterbrot geben.

13. Der Acker-Gauchheil

Der Acker Gauchheil © René Geyer

Der Acker-Gauchheil ist ein Primelgewächs, wird nur 5 bis maximal 20 cm hoch und ist eine niederliegend kriechende, einjährige Pflanze. In milden Wintern kann sie auch überwintern. Sie benötigt lehmige Böden und besiedelt gerne als erstes offene Stellen an Wegrändern und Ackerflächen oder Aufwühlungen des Wildes. Auch auf wenig gedüngten und gespritzten Ackerflächen ist der Acker-Gauchheil noch häufig zu finden.

Der Acker-Gauchheil im Volksglauben

Die Pflanze ist in allen Teilen schwach giftig und wird heute kaum mehr in der Volksheilkunde verwendet. Früher wurde ein Tee zur schmerzstillenden Wirkung bei Zahnschmerzen eingesetzt. Bei Reizhusten, Asthma und Atemnot trank man bei in akuten Fällen 1 bis 2 Tassen leichten Tee über den Tag verteilt. Bei vorsichtiger Anwendung regte der Tee die Entgiftung von Leber und Nieren an. Bei Überdosierungen konnte es infolge seiner schwachen Giftigkeit auch zu Nierenschädigungen kommen. Dieses unscheinbare Pflänzchen ist wohl eines der ältesten Psychopharmaka, da es schon vor mehr als 2000 Jahren bei Tobsuchtsanfällen und bei Melancholie eingesetzt wurde. In der Magie und der Mystik wurde der Acker-Gauchheil gegen Gespenster und die Nachtmare eingesetzt. So hat man mit dem getrockneten Kraut zu Ostern und zu Weihnachten das Haus und den Hof regelmäßig ausgeräuchert.

 Übrigens sind die Blüten nur von 7 bis 14 Uhr geöffnet und schließen sich bei Ankündigung eines schlechten Wetters schon weit vorher. Daher haben die Bauern den Acker-Gauchheil zur Wettervorhersage benutzt. Man nannte die Pflanze auch Nebelpflanze oder Wetterkraut. Weitere Namen sind Roter Gauchheil, Weinbergstern, aber auch Faule Liesel. Acker-Gauchheil wird heute in Mecklenburg-Vorpommern in der Liste der gefährdeten Pflanzen auf der Vorwarnstufe geführt.

Der Ackergauchheil gehört zu der heimischen bunten Vielfalt auf unseren Äckern. Er ist mit seinen kleinen, feuerroten Blüten immer ein wahrer „Hingucker“ und ein wunderbares Fotomotiv! Das Wort „Gauch“ kommt von Narr.

14. Der Echte Steinklee

Der Echte Steinklee © René Geyer

Auch jenes Kräutlein ist ein typisches Sommerkraut, jedoch es ist selten geworden in heimischen Fluren. Nur sein Verwandter, der weiße Steinklee, kommt weit häufiger vor. Echter Steinklee, der Gelbe, gehört zu den Schmetterlingsblütengewächsen. Er kommt an Bahndämmen, Wegrändern oder Kiesplätzen vor und braucht trockenen Boden und volle Sonne. Steinklee blüht von Juni bis in den September hinein. Man nennt ihn auch Honigklee oder Melilotenklee.

Anwendung des Echten Steinklees

Die Pflanze wird 30 bis 120 cm hoch und duftet während der Blüte stark honigähnlich, im getrockneten Zustand jedoch waldmeisterähnlich. Das hängt mit seinen Inhaltsstoffen zusammen, die da wären: Cumarin (wie beim Waldmeister), Allantonin, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Kalzium. In der Kräuterheilkunde wird er als harntreibend, erweichend und schlaffördernd beschrieben. Für Heilzwecke wird das blühende Kraut gesammelt und sorgfältig im Schatten getrocknet. Als Tee getrunken soll er bei Bronchialkatarrh und Hämorrhoiden helfen.

Steinkleesträußchen wurden – wie auch der Waldmeister – in Schränken oder Truhen mit Kleidern gegen Kleidermotten eingesetzt. Äußerlich wird Steinklee bei schlecht heilenden und eiternden Wunden als Umschlag oder Kompresse angewandt. Umschläge mit Steinklee sind auch schmerzlindernd. Ein starker Aufguss von Steinklee, getrunken vor dem Schlafengehen, soll die Einschlafphase verkürzen und beruhigt ebenfalls nach einem anstrengenden und nervenaufreibenden Tag. Dieser Tee sorgt nicht nur für einen angenehmen Schlaf, sondern wirkt sich auch positiv auf die Nierentätigkeit aus. Zudem hat sich der Tee bei leichten Kopfschmerzen bewährt und bringt rasche Linderung.

Der Echte Steinklee in der Küche

Nicht nur in der Volksheilkunde ist Steinklee einzusetzen, sondern auch in der Küche. Die getrockneten Blüten oder Blätter nehme ich zum Würzen von Süßspeisen wie Vanillepudding. Die Pflanzenteile sollten in Milch aufkochen und dann entfernt werden. Dann die aromatisierte Milch verwenden.

Auch zum Würzen von Frischkäse, Wild und Fisch lässt sich Steinklee verwenden. Zum Herstellen eines schmackhaften Kräuterlikörs lassen sich aromatische Kräuter ebenfalls mit Steinklee ergänzen. Nur hier sollte man nicht zu viel Steinklee verwenden.

Eines ist noch wichtig: Der echte gelbe Steinklee ist – wie oben erwähnt – selten geworden. Wenn Ihr ihn nutzen wollt, pflückt bitte nur wenige Teile einer Pflanze. Die Pflanze wird von Hummeln und Insekten stark besucht und Hummelpflanzen sind ohnehin schon recht selten in unserer heimischen Flora. 

15. Die Große Klette

Die Große Klette © René Geyer

Diesen Namen besitzt diese Pflanze wirklich zu Recht. Erreicht sie doch eine Wuchshöhe von 50 cm bis 2 m. Die Pflanze gehört zu den Korbblütlern und wächst an Wegrändern, sogenannten Ruderalgebieten, dazu gehören z. B. Schuttplätze oder Flächen in der Nähe von menschlichen Siedlungen.

Die Große Klette als Heilpflanze

Die Grundblätter sind sehr groß und herzförmig. Man könnte sie auch als Hut benutzen. Die Blüten sind rosaviolett mit den berühmten, hakigen Hüllblättern. Zum Ende des Sommers hat man früher die Wurzeln als Gemüse verwendet. Das ist heute so gut wie vergessen. Die Wurzel wird im Herbst des 1. oder im Frühjahr des 2. Jahres gegraben. Die Wurzel könnte nun verwendet werden zu gemischtem Wurzelgemüse. Noch sehr junge Pflanzentriebe könnte man wie Spargel zubereiten.

Die Inhaltsstoffe sind besonders in der Wurzel: vor allem Inulin, Gerbstoffe, Bitterstoffe, ätherisches und fettes Öl, Polyine – dies wirkt gegen Bakterien und Viren. Klettenwurzel wirken harn- und schweißtreibend, stoffwechselanregend und blutreinigend. Schon Pfarrer Kneipp lobte diese Pflanze als gutes Mittel bei Magengeschwüren, Reizungen der Magenschleimhaut sowie bei schlechter Verdauung. In diesen Fällen empfahl er, sie in Form von Blättertee zu sich zu nehmen. Die Klette ist schon seit alters her ein bewährtes Mittel zur Blutreinigung des Körpers. Auch der Wurzel werden durch alle Jahrhunderte hindurch hautreinigende Wirkungen zugeschrieben. Dieser großen schönen Pflanze schreibt man auch noch heute eine Wirkung für schöne Haare zu. Noch heute gibt es Klettenwurzelöl in den Drogerien zu kaufen. Dieses Öl wirkt auch sehr gut bei Rheuma, Gelenkschmerzen und Hauterkrankungen. Also auch heute noch eine mächtige Heilpflanze und dazu so stattlich groß.

Die Pflanze bekam vom Volksmund Namen wie: „Soldatenkopf“, „Bedelknopf“, „Igelblume“, „Haarreißer oder auch „Donnerblatt“ – nach dem Donnergott Donar oder auch Thor genannt.

Besonderheiten der Großen Klette

Einmalig ist auch die Strategie der Pflanze, sich zu vermehren. Wenn die Blüten vergangen sind, erfreuen sich natürlich an den Samen unsere heimischen Singvögel, wie der Stieglitz, der die Samen gerne erntet und frisst. Aber auch an Tierfellen bleiben die Samen mit den schönen Klettehaken hängen und so wird die Pflanze weitergetragen.

Die wunderschönen Blüten sind auch immer ein rechter Tummelplatz für unzählige Insekten, wie Käfer und Schmetterlinge. Es lohnt sich, sich ein wenig Zeit zu nehmen, wenn man an einer Großen Klette vorbeikommt.

16. Die Besenheide

Die Besenheide © René Geyer

Diese Pflanze zählt zu den Heidekrautgewächsen. Calluna vulgaris wird sie botanisch genannt. Unser Volksmund gab dieser Pflanze Namen wie „Heidekraut“, „Erika“ oder sogar den wohlklingenden Namen „Immerschönblatt“. Der Standort von der Besenheide ist kalkfreier Boden an lichten Waldrändern sowie auf Heiden. Sie liebt die volle Sonne sowie strauch- und baumfreie Standorte.

Die Besenheide in der Volksheilkunde

In der Volksheilkunde wurde diese Pflanze auch genutzt, da sie wertvolle Inhaltsstoffe besitzt. Gerbstoffe, ätherisches Öl, Kieselsäure und Schleimstoffe sind nur einige ihrer Bestandteile. Durch diese Bestandteile wurde der Tee des ganzen blühenden Krautes als harntreibendes Mittel genutzt. Auch wirkt Besenheide blutreinigend und bei Durchfallerkrankungen stopfend.

Der berühmte Pfarrer Kneipp schätze diese alte Heilpflanze sehr und verwendete sie bei Gicht- und Rheumaerkrankungen wegen ihrer entwässernden Wirkung. Ein Tee aus der Besenheide – wenn er mit Honig gesüßt wurde – soll das Einschlafen besonders fördern. Kleingeschnittene Pflanzenteile wie Blätter mit Blüten wurden auch in gutem Olivenöl angesetzt und 2-3 Wochen lang in die häusliche Wärme gestellt. Dieses Öl wurde zum Einreiben von Flechten und Ausschlägen benutzt.

Die Besenheide im Volksglauben

Auch aus dem Volksglauben gibt es etwas zu berichten. Wenn die Besenheide als Kranz um einen Spiegel gehangen wurde, war das ein Mittel gegen Beschwörungen und bösen Zauber im Haus und zum Schutze der Hausbewohner. Übrigens, dort wo die Besenheide blüht, sind auch immer zahlreiche Schmetterlinge, Schwebfliegen und andere Insekten zu bestaunen.

Die Besenheide ist auch ein Anziehungspunkt für unsere Wild- und Honigbienen, sodass diese Pflanze zu Recht auch eine wertvolle Aufgabe im Ökosystem Heide erfüllt. Hochinteressant anzuschauen ist die Besenheide im Spätsommer, wenn im September dann die vom Morgentau benetzten Spinnenweben den „Altweibersommer“ einläuten. Dann beginnt eine neue farbenprächtige Jahreszeit.

17. Der Gundermann

Der Gundermann © René Geyer

Der Gundermann ist ein Kräutlein, das fast unscheinbar auf feuchten Wiesen, in lichten Laub-, Misch- und Auwäldern dem Kräuterkundigen auffällt. Der Volksmund gab diesem Kräutlein ebenfalls einige schöne Namen wie: Gundelrebe oder Zaungucker. Diese Pflanze war unseren Altvorderen, dem Gott Thor oder auch Donar geweiht, weshalb man Gundermann auch „Donnerrebe“ nannte.

Von dem blühenden Kraut steigt ein betörender, stark balsamischer Duft in die Nase. Die blauen bis violetten Lippenblüten dieser Pflanze fallen einem sofort ins Auge. Der Gundermann gehört somit zu den Lippenblütengewächsen. Zerdrückt man die Blättchen zwischen den Fingern, entfaltet sich ebenfalls sein ungewöhnlicher Duft.

Heilkraft des Gundermanns

Was hat es auf sich mit dem Namen Gundermann? Man vermutet, dass der Name mit dem alten Wort „gunt“ für Eiter zu tun hat. In früheren Zeiten war es schwer, schlecht heilenden Wunden aus kriegerischen Auseinandersetzungen zum Heilen zu bringen. Da der Gundermann Gerbstoffe besitzt, die die Eigenschaft haben, eine Wunde besser zu schließen, legte man die geriebenen Blättchen auf solche Wunden. Gundermann ist außerdem ein hochgradiger Eisenträger und damit blutbildend. Nicht nur Gerbstoffe sind ihm eigen. Er besitzt auch Bitterstoffe, ätherische Öle und ein wenig Vitamin C.

Gundermann regt als Tee genommen den gesamten Stoffwechsel an, fördert die Nierentätigkeit und die Reinigung der Blase. Er ist ein echter Schlankmachertee.

Der Gundermann in der Küche

Die Blättchen des blühenden Krautes an Salate oder Suppen gereicht, wirken sich auf den ganzen Körper positiv aus. Dieses Kräutlein ist ein echtes Würzkraut und gibt besonders der südlichen Küche seinen würzigen Charakter. Gundermann sollte man in heiße Milch geben, ziehen lassen und bei Erkältungskrankheiten trinken. Diese Milch wirkt schleimlösend.

Das Pflänzchen wird etwa 15 bis 50 cm hoch und kriecht am Boden, denn nur die blühenden Stängel mit vierkantigem Stiel treiben dem Sonnenlicht entgegen. Auch lässt Gundermann sich gut Trocknen und in Kombination mit anderen Kräutern und grobem Meersalz zu einem wohlschmeckenden Kräutersalz herstellen.

Nach einer alten Überlieferung heißt es: Wer die ersten drei Gundermann Blättchen im Frühjahr an Ort und Stelle mit Andacht und bewusst verspeist, bleibt das ganze Jahr gesund. Wenn das kein Grund sein sollte, dieses Kräutlein zu suchen, zu bewundern und zu nutzen.

18. Wiesenbärenklau

Der Wiesenbärenklau © René Geyer

Der Wiesenbärenklau wird auch der Ginseng der Europäer genannt.

Besonderheiten des Wiesenbärenklaus

Zu Hause ist er auf Wiesen, Bachläufen und Auwäldern. Er liebt also nährstoffreiche Böden. Sein lateinischer Name Heracleum (Heracleum sphondylium) bezieht sich auf den griechischen Heroen Herakles oder Herkules, dem ein Übermaß an Kraft und Stärke nachgesagt wurde. Viele Wildkräuter unserer Heimat, die mit der Silbe „bär“ geschrieben werden, wurden in früheren Zeiten in der Frauenheilkunde verwendet. Man sagt dem Bärenklau nach, dass er eine fördernde und regulierende Wirkung auf die Menstruation hat. Er ist ein Vertreter der Doldengewächse und kann eine stattliche Pflanze werden. Bitte nicht verwechseln mit der Herkulesstaude, seinem großen Bruder! Diese ist wahrhaft riesig. Man kann den Wiesenbärenklau sehr leicht erkennen mit dem Spruch: „Ist der Blattstängel kantig-rau, ist es Wiesenbärenklau.“ Der Wiesenbärenklau erreicht eine Höhe von 30-180 cm, mit wechselständigen, sehr großen, gefiederten Blättern. Die Blattstängel hingegen sind lang und saftig und besitzen oben eine Art Wasserrinne. Die ganze Pflanze ist borstig behaart, die Blüten treten in großen Doppeldolden auf. Die gesamte Pflanze riecht stark aromatisch, der Geschmack ist sehr würzig und etwas süß. Vorsicht beim Pflücken des Wiesenbärenklaus! Gelangt der Saft unter Sonneneinstrahlung auf die Haut, kann dieser zu rötenden Hautentzündungen führen! Daher größere Mengen immer mit Handschuhen ernten.

Verwendung des Wiesenbärenklaus in der Küche

Die noch jungen Blätter sind ein wertvolles Wildgemüse, die Blütendolden, die noch nicht voll entwickelt sind (Blütenknospen), lassen sich in Salzwasser gedünstet zu Wildbrokkoli zubereiten. Die noch grünen Samen der Dolde ergeben ein aromatisches Gewürz für Suppen und Salate und erinnern etwas an Limonen. Sie passen vorzüglich zu Gemüseaufläufen, Brühnudeln und auf Pizzen. Die großen Blatttriebe ergeben in Salzwasser bissfest gekocht herrlichen Wildspargel. Dazu werden die Seitentriebe der
Blattstängel entfernt, in spargellange Stücke geschnitten und in Salzwasser gegart. Der Wiesenbärenklau soll blutdrucksenkend und verdauungsfördernd sein. Er besitzt als Inhaltsstoffe viele ätherische Öle, Bitter- und Scharfstoffe, hat Vitamine, Mineralstoffe und reichlich Zucker. Sammelzeit der Blattriebe ist von Mai bis in den September. Der Wiesenbärenklau zählt für mich zu den wertvollsten Wildgemüsen unserer Heimat. Ab dem Frühjahr bis in den Spätherbst hinein kann ich den Wiesenbärenklau auf feuchteren Wiesen, die regelmäßig geschnitten werden, ernten. Am schmackhaftesten sind die noch jungen, zarten Blatttriebe etwa ab Mai. Den schmackhaften „Wildspargel“ aus Wiesenbärenklaustängeln ernte ich ab Juni bis in den August hinein. Die Blütenröschen, aus denen ich den Wildbrokkoli herstelle, ernte ich ab Ende Juni. Die Samen des Wiesenbärenklaus sind gegen Ende Juli bis in den August zu ernten.

19. Schwarzer Holunder

Schwarzer Holunder © René Geyer

„Wenn du am Hollerbusch vorbeiziehst, ziehe deinen Hut!“ – so sagte man vor Ehrerbietung und Achtung über dieses heimische Kleingehölz.

Besonderheiten des schwarzen Flieders

Der Volksmund gab dem Holunder Namen wie: Eller, Flieder, Holder oder Holler. Holunder gehört zur Familie der Geißblattgewächse. Der Holunder kann ein 2-6 m hoher Strauch oder Baum werden. Die
Blätter sind gefiedert, der stark verzweigte Stamm ist wie mit korkähnlichen Warzen übersät. Ab etwa Juni blüht der Holunder und er betört nicht nur das Auge mit seinen zitronengelben, kleinen Blütchen, die auf einer handtellergroßen Blütendolde sitzen. Er duftet auch noch angenehm. Wir sollten uns dann die Blütendolden holen und das möglichst bei sonnig-trockenem Wetter. Zu achten ist darauf, dass die Blütendolden noch eine satte gelbe Farbe besitzen. Meist werden sie nach etwa 3-4 Tagen blassgelb und
dann sollten sie nicht mehr verwendet werden.

Verwendung des Schwarzen Holunders in der Volksheilkunde

Die Blütendolden werden mit der Schere geschnitten und sorgfältig in einem Korb nach Hause getragen. Dort werden die Blütendolden von den gröberen Stängeln geschnitten und im Schatten getrocknet. Nach wenigen Tagen sind sie meist völlig trocken und sollten nun in Schraubgläser gefüllt werden. Das feine Aroma bleibt somit länger erhalten. Bei Auftreten von grippalen Infekten eignen sich die Holunderblüten vortrefflich als Tee. Aber auch als Genusstee ist Holunderblütentee vorzüglich. Der heiße Tee wirkt schweißtreibend und somit werden über die Haut Schadstoffe ausgeschieden.

Schwarzer Holunder in der Küche

Die Blütendolden können wir frisch und ungewaschen durch einen Eierkuchenteig ziehen und dann in heißem Fett goldgelb ausbacken. Vor dem Servieren wird noch etwas Puderzucker drübergestreut. Sie brauchen an diesem Tag bestimmt keinen Kuchen mehr kaufen. Auch können wir uns eine Holunderblütenmilch zubereiten. Dazu eine Dolde Holunderblüten mit etwa 1 l heißer Milch
übergießen, 10 Min. ziehen lassen, die Dolde herausnehmen und die Milch mit etwas Honig süßen. Servieren Sie diese Blütenmilch eisgekühlt. Die Inhaltsstoffe in den Blüten sind ätherisches Öl, Flavone und Schleimstoffe.

Schwarzer Holunder im Volksglauben

Übrigens, wenn der Holunder blüht, so sagt man, kommt er Sommer ins Land. Unsere Vorfahren sahen im Hollerbusch einen Strauch, in dem die guten Geister zu Hause waren. Den Germanen war dieser Strauch heilig und sie sahen darin einen Hort der Göttin Frigg, der Göttin der Liebe und der Hüterin des Hauses. Wer an seinem Bauernhaus einen kräftigen Holunderstrauch stehen hat, wird vor Krankheit und Leid bewahrt – so glaubte man früher. Auch wir sollten in der jetzigen Zeit diesem doch so wunder- und heilkräftigen Strauch wieder mehr Beachtung schenken.

20. Der Blutweiderich

Der Blutweiderich © René Geyer

Dieses Wildkraut, das an Rändern von Bächen und kleinen Tümpeln vorkommt, hat im Volksmund toll klingende Namen wie Stolzer Heinrich, Blutkraut oder auch roter Weiderich.

Besonderheiten des Blutweiderichs

Diese stolze Pflanze gehört zu den Weiderichgewächsen, von denen fast alle Arten immer an feuchten Standorten zu finden sind. Blutweiderich (wissenschaftlich: Lythrum salicaria) blüht herrlich in der Zeit zwischen Juli und September und zieht mit seinen blutroten Blüten viele Insekten wie Käfer und
farbenfrohe Schmetterlinge an. In den warmen Sommermonaten ist der auffällige Blutweiderich auf Feuchtwiesen und an Gräben immer eine Pflanze, die dem Naturfreund sofort auffällt.

Einsatz des Blutweiderichs in der Volksheilkunde

Die Inhaltsstoffe dieser alten Heilpflanze sind Gerbstoffe, Pektine, Schleimstoffe, Farbstoffe, ätherisches Öl und Salicarin. Schon Hildegard von Bingen schrieb über den Blutweiderich: „Der Weiderich hat einen angenehmen Saft und den schmerzenden Eingeweiden ist dieser wie eine angenehme Salbe. Zerstoße das Kraut und seine Samen mäßig und koche das in Wein und Honig und seihe es durch ein Tuch und trinke es oft“. Ein Absud ist zum Beispiel für Sitzbäder sehr geeignet bei gereizter Haut, Hauterkrankungen und Ekzemen. Das Kraut hat eine gewisse antibakterielle Wirkung bei Blutungen, Katarrh, Magenübersäuerung und Durchfall. Blutweiderich und Kamille als Tee etwa zu gleichen Teilen gemischt und regelmäßig getrunken soll ein guter Helfer bei zu starker Monatsblutung sein.

Weitere Verwendungsmöglichkeiten des Blutweiderichs

Blutweiderich ist auch ein tolles Wildgemüse. Denn die noch nicht aufgebrochenen Blütenknospen und die Triebspitzen werden mit sehr fein geschnittenen Zwiebeln in Butter angeröstet und mit etwas Mehl angeschwitzt und nur mit etwas Wasser aufgegossen. Gewürzt mit wenig Salz wird er dann zu Kartoffeln oder zu Fleischgerichten gereicht. Übrigens was Blutweiderich wegen seines hohen Gerbstoffgehaltes sehr begehrt zur Ledergerbung. Und braunes Frauenhaar wurde damit gespült und erreichte einen hübschen Glanzeffekt.

21. Kleine Braunelle

Die Kleine Braunelle © René Geyer

Ein unscheinbares Pflänzchen in unmittelbarer Umgebung menschlicher Siedlungen und ein kleines Wunder von Mutter Natur.

Besonderheiten der kleinen Braunelle

Dieses kleine Wildkraut, das zu den Lippenblütengewächsen gehört, hat viele Volksnamen wie: Brunelle, Halskraut, Gutheil oder Gottheil. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Prunella vulgaris. Die Kleine Braunelle wächst überall dort, wo menschliche Siedlungen sind und immer an Wegrändern, aber auch am Rand von genutzten Wiesen. Dort, wo die Kleine Braunelle blüht, ist diese Pflanze immer eine Lieblingspflanze für unsere Bienen und Wildbienen.

Verwendung der kleinen Braunelle in der Volksheilkunde

Als Inhaltsstoffe hat diese kleine Pflanze Triterpene, Gerbstoffe, Lingnine, Vitamine wie B, C und K. Sie wirkt blutdrucksenkend, leberschonend und antibiotisch. Verwendet wird das ganze blühende Kraut von Juni bis in den September hinein. Die Verwendung der kleinen Braunelle in der Volksheilkunde ist leider in Vergessenheit geraten. Regional wird diese Pflanze aber nach wie vor noch genutzt. Besonders bei Halsschmerzen ist Braunelle ein hervorragender Helfer. Der Tee wird dann bei Hals- und Rachenentzündungen und als Spülung bei Mund- und Mandelentzündungen angewendet. Braunelle soll übrigens nach einem chinesischen Mikrobiologen erfolgreich gegen Herpesinfektionen helfen, denn
offensichtlich befinden sich in der Braunelle einige Inhaltsstoffe, man nimmt an es sind die Lingnine, die äußerst effektiv gegen Herpesviren vorgehen. In der Natur draußen ist die Kleine Braunelle auch eine kleine tolle Notfallpflanze bei frischen Wunden, denn der Gerbstoffgehalt ist so hoch, dass sich die Blutgefäße schnell zusammenziehen können. Die Pflanze wirkt also ähnlich wie der Spitzwegerich.

Die kleine Braunelle in der Küche

Bevor die kleinen, herrlich anzusehenden Blüten erscheinen, sind die kleinen Blätter und vierkantigen Stängelchen ein guter Vitaminspender und sie eignen sich hervorragend als Wildgemüse zu Frühlingssuppen oder zum Frühlingssalat.

22. Der Sanikel

Der Sanikel © René Geyer

Dieses Kräutlein, mit seinen weißen Blüten und fast dunkelgrünen Blättern, ist fast ganz in Vergessenheit geraten.

Besonderheiten des Sanikels

Dieses zu den Doldengewächsen gehörende Kraut hat so wundersame Namen wie Heil aller Schäden, Waldklette, Heildolde, Bauchwehkraut, Wundkraut. Pflanzenkundige und Botaniker gaben dem Sanikel den Gattungsnamen „Sanicula“ (aus dem Lateinischen: sonare = heilen). Der Beiname „europaea“ drückt aus, dass diese Pflanze in Europa heimisch ist. Sanikel kommt in schattigen Buchenwäldern vor und bevorzugt einen feuchten guten Boden unter ehrwürdigen Bäumen. Wir müssen uns also in den guten alten Wald begeben, um dieses Kraut zu erblicken, ist er doch ein echter Waldschwärmer. Sanikel ist – wie schon erwähnt – ein Vertreter der Doldengewächse und erreicht eine Höhe von 30-40 cm. Die Blätter sind langgestielt, grundständig, 3-5-lappig gezähnt und rund herzförmig. (Vorsicht! Blätter sind leicht mit dem giftigen Hahnenfuß zu verwechseln!) Sehr auffällig hingegen sind seine Blüten, die weiß-rötlich köpfchenartig auf einem sehr langen, kahlen Stängel sitzen und so fast gar nicht an eine Doldengewächsblüte erinnert.

Verwendung des Sanikels in der Volksheilkunde

Vom Sanikel wird im Mai das Kraut sowie im Juni die Wurzel gesammelt. Das Kraut trocknet man in kleinen Büscheln, die immer im Schatten auf gehangen werden. Die Wurzel wird hingegen gesäubert, wenig zerkleinert und auch schonend im Schatten getrocknet. Lagern Sie den Sanikel in kleinen Säckchen oder Dosen an einem schattigen kühlen Platz. Die Inhaltsstoffe sind: ätherisches Öl, Allantonin, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Mineralsalze und Rosmarinsäure. Seit dem Mittelalter war Sanikel ein probates Mittel zur Wundheilung ersten Ranges. Außerdem wirkt dieses Pflänzchen entzündungshemmend und auswurffördernd, schleimlösend und magenstärkend. Selbst die Schulmedizin entdeckte vor einiger Zeit den Sanikel für die Behandlung von Magenblutungen sowie Atemwegserkrankungen. Der Tee aus den Blättern wird als Aufguss bei Entzündungen des Magen-Darm-Traktes, bei Durchfall sowie zur Verbesserung der Magensäfte angewandt. Ja, sogar bei Husten wird der Tee empfohlen und bringt rasche Linderung. Äußerlich verwendet man einen Absud aus dem Kraut und den Wurzeln zum Auswaschen offener und schlecht heilender Wunden. Auch die bekannte Hildegard von Bingen pries den Sanikel zu ihrer Zeit. So sei er ein „Kraut mit großer Reinheit in sich und sein Saft ist angenehm und heilsam für den kranken Menschen und die kranken Eingeweide.“ Und weiter ließ sie uns wissen: „ Aber wer von einem Eisen verwundet ist, der drücke den Saft aus und trinke ihn mit Wasser, denn das reinigt die Wunden innerlich.“ Welche Worte für ein so unscheinbares Waldkraut. Übrigens, wenn Sie die blühende Pflanze entdeckt haben sollten, schauen sie sich die interessanten Blüten einmal genauer an, es lohnt sich!

23. Gemeiner Erdrauch

Der Gemeine Erdrauch © René Geyer

Schöne warme Tage lassen uns in der Natur auch so manch schöne Blüten entdecken, die gerade vor unserer Haustür nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen und zu entdecken sind.

Besonderheiten des Gemeinen Erdrauchs

Dieses Pflänzchen, das zu den Erdrauchgewächsen gehört, hat nur bei genauerem Hinsehen eine wunderschöne kleine Blüte. Erdrauch ist eine 10 – 40 cm hohe, krautige Pflanze mit graugrünen, doppelt gefiederten Blättern. Die Pflanze hingegen wirkt fast zerbrechlich und zart. Zart, aber von wunderschöner Form sind die gespornten zart rosa oder hellroten bis ins hellpurpurnen Blüten, die an ihrer Spitze einen dunkelroten Punkt besitzen. Die Blüten stehen in einer lockeren, aufrechten Traube. Erdrauch blüht eigentlich schon im Wonnemonat Mai bis in den Oktober hinein. Der Geruch der Pflanze ist schwach, der Geschmack ziemlich bitter! Der gemeine Erdrauch ist auf Schuttplätzen, auf lehmigen Äckern, an Wegrändern zu finden und im Allgemeinen sehr verbreitet. In manchen Gebieten hingegen nur zerstreut zu finden. Volksnamen sind: Erdraute, Feldraute, Taubenkerbel sowie Grindkraut, Ackerkraut, Beschwörungskraut.

Der Gemeine Erdrauch in der Volksheilkunde

Erdrauch gehört zu den officinalen Heilkräutern und wird wissenschaftlich „Fumaria officinalis“ genannt. Inhaltsstoffe der Pflanze sind Bitterstoffe, Harze, Schleim, Flavonoide. Schon sehr lange Zeit galt Erdrauch als volksmedizinisches Kraut, doch haben neuere Forschungsergebnisse gezeigt, dass Erdrauch auch für die Schulmedizin hochinteressant ist. Man fand heraus, dass Erdrauch Wirkstoffe enthält, die Gallenwegserkrankungen günstig beeinflussen. Diese Wirkstoffe sind krampflösend und wirken sich positiv auf den Galleabfluss aus und regulieren jenen. Erdrauch wird auch bei akuten ebenso wie bei chronischen Gallebeschwerden empfohlen. Die Schmerzen im rechten Oberbauch lassen nach, Speisen und ihre Bekömmlichkeit verbessern sich, Übelkeit und Brechreiz verschwinden. Selbst das BGA (Bundesgesundheitsamt) nennt für den Erdrauch als Heilanzeigen krampfartige Gallebeschwerden sowie Verstopfungen. Von der Pflanze wird das Kraut vor und während der Blütezeit gesammelt. Es wird als Teezubereitung getrunken, das Kraut alleine oder gemischt mit anderen entschlackenden Kräutern wie Brennnessel, Birkenblätter oder Schafgarbe.

Der Gemeine Erdrauch im Volksglauben

Selbst Magisches wird Erdrauch zugeschrieben. So erzählt man sich, dass wenn ein junges Mädchen beim Jäten Erdrauch findet, so solle es sich diesen an seine Brust oder in den Schuh stecken. Der erste Mann, dem das junge Mädchen auf seinem Heimwege begegnet, hat denselben Vornamen wie ihr zukünftiger Gatte. Erdrauch ist auch ein Kraut, das dazu dient, die Geister der Verstorbenen erscheinen zu lassen. Bei den Germanen und Kelten galt Erdrauch als ein Räucherkraut, wenn man Weisungen und Rat aus der anderen Welt bekommen wollte und nicht genau wusste, welchen Wege man einzuschlagen hatte.

24. Die Kornblume

Die Kornblume © René Geyer

Sobald der Frühsommer über die Insel Rügen gezogen ist, erscheint die wohl schönste Wildblume im herrlichsten dunkelblau überhaupt: die Kornblume. Der Volksmund gab dieser schönen Pflanze wohlklingende Namen, wie Kornflockenblume, Kornnelke, Rockenblume, Sichelblume, Kornflockenblume aber auch Ziegenbein. Centaurea cyanus nennen sie die Botaniker und die Pflanze gehört zu den Korbblütengewächsen. Sie braucht volle Sonne und nicht zu feuchte Böden. Die Pflanze war früher viel verbreiteter und allgegenwärtig in Getreidefeldern. Zusammen mit dem Klatschmohn und anderen
Mohnarten war sie dort eine wahre Augenzierde.

Eigenschaften der Kornblume

Die Kornblume blüht von Juni bis in den Oktober hinein, kann eine Wuchshöhe von 30-50 cm erreichen und ist den ganzen Sommer hindurch reichlich blühfreudig. Kein Wunder also, dass unglaublich viele Insekten sich an den blauen Blüten laben.

Die Kornblume in der Volksheilkunde

Gesammelt wurden früher wie heute noch die Blütenköpfchen zur Sommerzeit. Nicht nur, um der Teemischung einen schönen blauen Farbton zu geben, sondern auch wegen der wertvollen Inhaltsstoffe der Kornblume: Bitterstoffe, Gerbstoffe, Farbstoffe, Schleim, Salze und Wachs.
Die Blütenblätter sind auch meist Bestandteil in guten Hustentees. Kornblumentee ist ein milder, wohltuender, harntreibender Tee und kann auch bei leichtem Durchfall getrunken werden. In der Küche geben die hübschen Blüten eine schöne Dekoration ab. Der selbst gesammelte Wildkräutersalat erhält so den letzten Pfiff! Frische wie auch getrocknete Blüten passen auch auf jedes Kartoffelgericht.

Kräuter im Herbst

Herbst ist es geworden, die Tage werden merklich kühler und kürzer. Bevor der Winter einkehrt, zieht es uns nun besonders häufig in die frische Inselnatur, in der es noch so viel Buntes zu entdecken gibt. Wir waren auf der Suche nach Wildkräutern, die Euch fit für die kalte Jahreszeit machen.

1. Der Weißdorn

Der Weißdorn © René Geyer

Noch im Frühjahr, so Ende Mai / Anfang Juni, blühte dieser zu den Rosengewächsen gehörende Strauch mit zart weißen Blüten, die fast einen animalischen Geruch verströmten. Jetzt um diese Jahreszeit trägt dieser kleine Strauch, der auch mal ein kleines Bäumchen werden kann, seine roten Früchte. Mutter Natur gibt noch einmal in Form von Farben und Früchten alles in Hülle und Fülle.

Der Weißdorn in der Volksheilkunde

Die Früchte vom Weißdorn werden im Volksmund Mehlbeeren genannt. Der ganze Strauch dagegen Hagedorn, Heckendorn oder auch Zaundorn. Seit uralter Zeit galt Weißdorn als eine magische Pflanze, die das Haus vor bösen Geistern, Dämonen und bösem Zauber schützen sollte. Die Gehöfte wurden, als es noch keine Zäune wie heute gab, mit Weißdornhecken umfriedet und schützten so das Haus vor Wild und ungebetenen Gästen. Gäste in den Hecken waren hingegen unsere heimischen Vögel, die im Schutze des bedornten Gezweiges ihre Nester bauen und ihre Jungen aufziehen konnten. In der Volksheilkunde nimmt der Weißdorn eine besondere Rolle in der Anwendung bei Herzproblemen ein. Tee aus den Blüten und den Blättern wirkt herzstärkend, nervenstärkend, durchblutungsfördernd, kreislaufstärkend und blutdruckausgleichend sowohl bei hohem wie auch bei niedrigem Blutdruck. Ein Sprüchlein besagt „Der Weißdorn mit seinen Blüten und Beeren, kann Deinem Herzen viel Kraft bescheren“, oder auch „Der Weißdorn, das weiß jedes Kind, stärkt Herz und Nerven ganz geschwind“.

Inhaltsstoffe und Verwendung

Inhaltsstoffe sind unter anderem Flavonoide, Kalium, Kalzium, Phosphor, ätherisches Öl und Bitterstoffe. Auch in der Küche lässt sich der Weißdorn verwenden. Einen frischen Kräutersalat aus den ersten zarten Frühjahrs-Wildkräutern kann man mit den ersten, noch vor der Blüte des Weißdornes austreibenden Blättern verfeinern. Junge Weißdornblätter haben einen leicht nussigen Geschmack. Die zarten Blütenknospen vom Weißdorn kann man dann im Salat genießen, indem man sie einfach drüberstreut. Auch passen sie zum Kartoffelsalat in einer leichten Essig-Oil-Soße und darüber viel wilder Schnittlauch. Ein wahrer Fitmacher im Frühjahr.

Rezept Weißdornschnaps

Jetzt im Herbst können die Früchte in klarem Schnaps ansetzet werden. Dazu wird ein Gefäß – egal wie groß – etwa zu einem Drittel mit den Weißdornfrüchten gefüllt, dazu etwas getrocknete Melisse oder Pfefferminze (ca. 2 Teelöffel). Das Gefäß wird mit klarem Schnaps (ca. 38 bis 40 %iger Korn) aufgefüllt. Nun kommt – je nachdem wie süß man es mag – brauner Kandiszucker dazu. Diese Mischung lässt man dann in einer dunklen Flasche ein paar Wochen stehen. Anschließend wird abgegossen, die Früchte und die Kräuter abgesiebt und die Flüssigkeit in dunkle Falschen gefüllt. Dieser „Likör“ passt dann sehr gut in die Vorweihnachtszeit hinein.

2. Die Brennnessel

Die Brennnessel © René Geyer

Nahezu das Beste unter den „Unkräutern“. Sie wächst eigentlich überall, da heißt es nicht lange suchen. Schon im zeitigen Frühjahr können wir sie sammeln. Von März bis Mai sollte man die jungen immer wieder nachwachsenden Triebe bei trockenem Wetter – und dann vormittags – sammeln. Es darf ruhig etwas brennen an den Händen! Sollte sich dann die Haut etwas röten, kann man mit kleingeriebenem Spitzwegerich Linderung verschaffen, indem man die Hautstelle damit einreibt. Heimisch ist bei uns die große und kleine Brennnessel.

Die Brennnessel als Küchenkraut

Brennnessel sollte man als Tee nutzen, um den Körper zu entschlacken. Man kann sie trocknen oder noch besser frisch verwenden. Setzt man sie zusammen mit anderen Kräutern kleingehackt einer Fleischbrühe oder der Kräuterbutter zu, nehmen wir zahlreiche Mineralien und Spurenelemente auf. Die Brennnessel hat eine beachtliche Zahl an Inhaltsstoffen wie: Kieselsäure, Gerbstoffe, Histamin, Magnesium, Eisen, Kalium und vor allen Dingen viel Vitamin B, um nur einige der Inhaltsstoffe zu nennen. Sie hilft bei Durchfall, Blähungen, ist blutzuckersenkend und entschlackt.

Erntezeit der Brennnessel

Wie der Name schon sagt, gehört sie zu den Nesselgewächsen. Und grundsätzlich könnte man diese Pflanze das ganze Jahr ernten. Die immer frisch abgezwickten jungen Triebe lassen sich bis in den Spätherbst verwenden. Man erkennt schon an der Wuchsfreudigkeit dieser Pflanze, was sie doch für ein außerordentliches Kraftpaket ist. Kostenlos am Wegesrand oder am Haus! Jetzt im Herbst sollte man die Früchte ernten, die die Pflanze bildet. Brennnessel bildet ausschließlich männliche oder weibliche Pflanzen. Erkennbar oder besser gesagt unterscheidbar sind die Früchte der weiblichen Pflanze gegenüber der männlichen auf folgende Weise: die männlichen, sagen wir mal Früchte sind hellgrün und haben eine kugelige Form, dagegen sehen die weiblichen Früchte aus wie kleine Taler oder Linsen. Beide kann man ab etwa Mitte September bis in den Oktober hinein ernten. Die weiblichen Früchte – ob getrocknet oder frisch – sollte man auf das Butterbrot, den Quark oder auf das Müsli streuen. Auch in diesen kleinen unscheinbaren Früchten steckt eine unwahrscheinliche Kraft.

Bei unseren Vorfahren war die Brennnessel dem Donar geweiht, dem Gott der Fruchtbarkeit und der Bauern. Sie begleitet den Menschen auch in seinen Siedlungen und kann dem Nutzer Kraft und Stärke verleihen. Machen wir es ruhig wie unsere Vorfahren und nutzen auch mal dieses unausrottbare „Kraut“.

3. Die Nachtkerze

Die Nachtkerze © René Geyer

Die meisten Blumen und Pflanzen des Sommers sind verblüht und farbenfrohe Blüten sind nur noch selten zu finden. Eine Pflanze aber, die schon im Juni blühte, treibt in milden und sonnigen Oktobertagen ihre wunderhübschen Blüten erneut aus: die Nachtkerze. Die Nachtkerze – wissenschaftlich Oenothera biennis – stammt aus der „neuen Welt“. Ihre Heimat ist das östliche Waldland Nordamerikas bis hinunter nach Mexiko. Erst im Jahre 1612 wurde sie im Botanischen Garten zu Padua erstmals im alten Europa angepflanzt. Schon damals mussten sowohl Botaniker als auch Pflanzenliebhaber diese Pflanze bewundert haben, öffnet sie doch etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang ihre duftenden großen Blüten. Diese Blüten haben einen vanilleartigen Geruch und in wenigen Minuten entfalten sich aus einer Knospe die großen gelben Blütenblätter. Es dauert auch nicht lange, dann fliegen vom Duft angelockt Nachtfalter auf diese Blüten und umschwirren sie – was für eine abendliche Theatervorstellung der Natur!

Aussehen und Vorkommen der Nachtkerze

Die Nachtkerze gehört zur Familie der Nachtkerzengewächse und wird im Volksmund Gelbe Rapunzel, Schinkenwurzel, aber auch neuerdings Eisenbahnerlaterne genannt. Sie wächst auf Lehmboden und benötigt Sonne bis Halbschatten. Die Hauptblütezeit beginnt im Juni und geht bis in den August. Jedoch kann man sie auch im Herbst an sonnigen Plätzen blühen sehen. Die Pflanze ist zweijährig, d.h. in dem ersten Jahr kommen nur die Blätter als Blattrosette hervor und im darauffolgenden Jahr blüht sie mit ihren großen Blüten.

Die Inhaltsstoffe der Pflanze sind Eiweiß, ungesättigte Fettsäuren, Linolsäure und Ölsäure. Die Nachtkerze wurzelt sehr tief in Tiefen von bis zu 1 Meter. Die Wurzeln kann man als gutes Gemüse im ersten Jahr verwenden. Sie läuft beim Kochen rötlich an. Im Herbst gegraben hat man sie in den ländlichen Gegenden Deutschlands gern gegessen.

Wirkung der Heilpflanze

Man sagte der Nachtkerzenwurzel nach, sie solle die Kraft von „zwei Zentnern Ochsenfleisch“ besitzen. Der medizinisch wirksamste Teil der Pflanze ist aber der Samen. Das aus ihm gewonnene Öl hilft sehr gut bei Neurodermitis. Nachtkerzenöl gibt es in der Apotheke, denn selber könnte man dieses Öl nicht herstellen. Die jungen Blätter im Frühjahr lassen sich sehr gut zu einem schmackhaften Salat mit anderen Wildkräutern kombinieren. Die Blüten können wir einfach so essen oder damit Salate, Suppen oder süße Speisen dekorieren. Ihr werdet erstaunt sein über das herrliche Aroma der lieblich duftenden Blüten.

4. Die Öl-Rauke

die Ölraruke © René Geyer

Im Herbst auf der Insel Rügen verschenkt Mutter Natur noch mal mit ganzer Kraft ihre Farbenvielfalt. Sind wir mit offenen Augen und offenem Herzen in der Natur unterwegs, können wir auch noch Blüten sehen. Unter Bäumen, am Wegesrand und auf Gartenböden ist im Halbschatten die sogenannte Öl-Rauke zu finden. Diese Pflanze gehört zu den Kreuzblütengewächsen, ist einjährig und wird bis zu 50 cm hoch. Jetzt im Herbst können wir sie im Siedlungsbereich der Dörfer, aber auch auf den Rändern der abgeernteten Felder finden. Sie blüht noch fleißig mit zart-gelben, kleinen Blüten – manchmal sogar bis Ende Oktober/Anfang November.

Vorkommen und Inhaltsstoffe der Öl-Rauke

Diese Raukenart ist verbreitet vom Mittelmeerraum bis nach Afghanistan. Menschliche Tätigkeiten und Saatguttransporte brachten Sie zu uns. Wir können diese Pflanze vom Frühling bis in den Herbst hinein nutzen. Es werden fast nur ihre Blätter verwendet. Sie sind geschmackvoll und passen zu jedem Kräutersalat, aber auch zu Quark und Soßen. Sie verleihen diesen dann eine leicht senfartige Note. Die Blätter besitzen nämlich reichlich Senfölglykoside, daneben auch die Vitamine C und A.

Eigenschaften der Öl-Rauke

Durch diese Inhaltsstoffe wirkt die Pflanze antirheumatisch, durchblutungsfördernd, aber auch stoffwechsel- und verdauungsanregend. Diese Eigenschaften machen die Öl-Rauke zu einem tollen Küchenkraut. Der Geschmack erinnert an Kresse. Etwas Besonderes sind Nudeln mit Öl-Raukenblätter oder Eierspeisen, verfeinert mit den kleingehackten Blättern. Die Blätter haben eine blutreinigende Wirkung und sind obendrein auch ein stimulierendes Mittel! Die Blätter mit anderen Kräutern kleingehackt in Öl werden als Pesto jedem Grillabend eine besondere Note geben.

Übrigens, die Blüten könnten wir natürlich auch essen, aber Ihr müsst schon reichlich sammeln, damit sie auch auf den Suppentellern gut zu sehen sind. Denn diese Blüten sind unscheinbar und klein. Gerade in dem Unscheinbaren liegt aber viel Kraft und Stärke. Gehen wir also raus in die Natur und lassen das Einfache weder auf unsere Seelen wirken in dieser lauten, hektischen, reizüberfluteten Zeit und kommen im Herbst zu unserer inneren Ruhe.

5. Die echte Goldrute

Die echte Goldrute © René Geyer

Wenn in den letzten warmen Spätsommertagen in den noch lauen Winden Schmetterlinge wie der Admiral oder das Pfauenauge über die Wiesen flattern, lassen sie sich meistens auf der Goldrute nieder. Sie ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Kräuterzeit nun dem Ende zugeht. Eigentlich ist sie mit fast jedem sonnigen Standort zufrieden, wie zum Beispiel brachliegende Waldlichtungen, Waldränder oder Wiesen. Die echte Goldrute gehört zu den Korbblütlern, ist mehrjährig und erreicht eine Höhe von 40 bis 100 cm. Sie besitzt einen aufrechten Stängel, die Blätter sind ellipsenförmig. Goldrute blüht von August bis in den Oktober mit an den Spitzen der Pflanze sitzenden, gelben, rispenartigen Blüten. Der Volksmund gab ihr Namen wie Himmelbrand, Goldene Jungfrau, Wundkraut oder St. Peterskraut.

Medizinische Anwendung der Goldrute

Gesammelt wird das obere blühende Kraut – und wie bei allen Kräutern, bei möglichst sonnig trockenem Wetter. Die Pflanzenteile müssen sorgfältig kleingeschnitten und anschließend gut und schnell im Schatten getrocknet werden. Die Goldrute wirkt dank ihrer Inhaltsstoffe wassertreibend, schleimlösend, wundheilend, anregend, aber auch stopfend und entzündungshemmend. Inhaltsstoffe sind Gerbsäure, Bitterstoffe, ätherisches Öl, Saponine und Natrium. Goldrutentee eignet sich hervorragend als reiner Blasen- und Nierentee und wird heute noch erfolgreich verwendet. Ebenso eignet er sich auch besonders zur Blutreinigung und zum Ausschwemmen von Giftstoffen aus den Harnwegen. So hilft Goldrutentee während einer Fastenzeit, die angesammelten Giftstoffe möglichst schnell aus dem Körper abzutransportieren. Ein Aufguss der Goldrute zum Gurgeln, so beschreibt schon Hildegard von Bingen, ist sehr hilfreich bei Entzündungen des Rachenraumes. Wer eiternde oder schlecht heilende Wunden hat, erfuhr durch das Auflegen mit frischer Goldrute eine rasche Linderung.

Goldrute als natürliche Haarspülung

Frauen mit goldenem Haar sollten eine Haarspülung machen. Nach dem eigentlichen Haarewaschen und -spülen wird eine Handvoll frische Goldrutenblüten mit ½ Liter kochendem Wasser überbrüht. Dann 20 Minuten ziehen lassen, abseihen und das Haar damit tränken. Der Aufguss soll nicht ausgewaschen werden, sondern im Haar verbleiben. Diese Spülung verleiht dem goldenen Haar strahlenden Glanz und vertieft die Farbe. Auch im Sommerblumenstrauß macht sich Goldrute gut. Da sich die schönen gelben Blüten auch getrocknet erhalten, eignet sie sich ebenfalls für Trockensträuße in der dunklen Jahreszeit. Halten wir also Ausschau nach dem letzten Sommerkräutlein.

6. Das Schöllkraut

Das Schöllkraut © René Geyer

Gerade an Wegesrändern, an Mauern der Siedlungen und am Haus blüht im schattigen Bereich noch leuchtend gelb in der Oktoberzeit das zu den Mohngewächsen gehörende Schöllkraut. Schellkraut, Goldwurz, Warzenkraut, aber auch Augenwurz und Schmikwurz wurde es im Volksmund genannt. Die Hauptblütezeit dieses Kräutleins ist von Mai bis Ende September, aber zuweilen auch noch bis in den späten Herbst hinein. Anhand der Volksnamen kann man erkennen, wofür oder auch wo gegen dieses Kraut genutzt wurde.

Aussehen und Verwendung des Schöllkrauts

Schöllkraut hat, wenn man die Blätter oder den Stängel bricht, einen extrem gallebitteren, gelben bis fast orangefarbenen Saft. Die Pflanze wird 30-70 cm hoch und besitzt einen hohlen, verästelten Stängel, der – wie die Blätter – leicht behaart ist. Frisch zerdrückte Blätter riechen unangenehm scharf. Im getrockneten Zustand sind die Blätter fast geruchlos, aber im Geschmack bitter und sehr scharf. Inhaltsstoffe sind etwa 20 Alkaloide, Coptisin, Berberin und Bitterstoffe. Schöllkraut wirkt harntreibend, abführend, schmerzstillend, reizend sowie augenstärkend. Es sollte aber unbedingt beachtet werden: Die Pflanze wirkt in größeren Mengen giftig und das besonders in der Wurzel, die einen wesentlich größeren Alkaloidgehalt hat. Der frische Milchsaft der Pflanze kann bei empfindlichen Personen Allergien und Entzündungen hervorrufen. Ansonsten wird das ganze Kraut frisch oder getrocknet verwendet.

Schöllkraut für Körper und Seele

Ein Tee oder Aufguss vom getrockneten Kraut hilft bei Leber- und Gallenleiden, Koliken und Krämpfen aller Unterleibsorgane. Auch ein Tee vom frischen Kraut. Nehmt dazu etwa 1 Tasse des kleingeschnittenen Krautes auf 2 Liter heißes Wasser, lasst diese Mischung 3 Minuten ziehen und seiht sie ab. Dieser Sud eignet sich gut bei hartnäckiger Schuppenflechte, bei Kopfgrind, Ekzemen und anderen Hauterkrankungen. Die wohl bekannteste Anwendung vom Schöllkraut ist das regelmäßige Aufbringen des gelben Saftes der Pflanze aus den Stängeln oder Wurzeln auf Warzen. Mehrmals täglich sollte die Warze mit dem Saft betupft werden, woraufhin die Warze dann eintrocknet. Das funktioniert immer.

Früher wurde Schöllkraut auch in der Küche verwendet. Der Schöllkrautsaft färbte nämlich Speisen orange und dafür wurden kleine Blättchen der Pflanze früher in Eierspeisen eingebacken, um eine wunderschöne gelbe Farbe zu erzielen. Kleine, ganz zarte Blättchen kann man ohne Weiteres roh essen. Gerade in der Herbstzeit sollten wir immer noch viel in der Natur draußen sein und uns mal umschauen an den Wegen und alten Hauswänden, ob wir nicht dieses tolle Kraut wiederentdecken können.

7. Die Wilde Möhre

Die Wilde Möhre © René Geyer

Dieses zu den Doldengewächsen zählende Kraut ist die Wildform unserer Karotte. Es ist ja bekanntlich nicht immer so leicht, die Doldengewächse zu unterscheiden, sehen sie sich doch auf den ersten Blick sehr ähnlich. Doch bei der wilden Möhre gibt es in Bezug auf die Blüten ein besonderes Merkmal: In der Blütendoldenmitte sitzt ein einziger schwarzer Punkt wie ein Insekt.

Blüte- und Erntezeit der Wilden Möhren

Die Blütezeit der Pflanze ist der Juli, aber sie blüht auch bis in den September hinein. Später, wenn die Dolde verblüht ist, ähnelt die Dolde einem Vogelnest, das – wie manche finden – aus Hunderten kleinen Krabbelkäfern gebildet wird. Reibt man nun an den Blättern im unteren Bereich der Pflanze, an der Blüte oder an den Früchten, die das vogelartige Nest bilden, wird man die wilde Möhre an dem möhrenartigen Geruch erkennen. Die wilde Möhre ist bei uns häufig auf Wiesen anzutreffen, dort wo Wiesen noch Wiesen sein dürfen. Aber auch an Böschungen und Wegrändern findet man diese wunderschöne Pflanze. Im Frühling sollten wir auf den Wiesen nach den noch jungen, zarten Blattwedeln Ausschau halten, die, wenn wir sie zwischen den Fingern reiben, auf alle Fälle nach Möhre schnuppern sollten. Diese Blättchen geben Suppen, Salaten und Soßen einen guten Geschmack. Selbst getrocknet kann man sie als Würze verwenden. Später im Jahr, im Oktober, können wir die Wurzel graben, das ist bei der zweijährigen Pflanze schon im Mai möglich. Die Wurzel könnten wir genauso verwenden wie die Gemüsekarotte. Sie schmeckt jedoch etwas herb und lässt sich schwerer verarbeiten. Die Samen werden im Oktober im Halbschatten getrocknet und dunkel und trocken gelagert. Früher wurden die getrocknete Wurzel und die Samen als Tee bereitet, um über die vitaminarme Zeit hinwegzuhelfen. Inhaltsstoffe der wilden Möhre sind Zucker, viel Vitamine B, C und A, ätherisches Öl und Mineralstoffe. Dieses Kraut wirkt außerdem stoffwechselanregend, harntreibend sowie entzündungshemmend, aber auch appetitanregend. 

Die wilde Möhre in der Volksheilkunde

Selbst äußerliche Anwendungen werden aus der Volksheilkunde berichtet. So soll das zerriebene frische Kraut mit Honig vermischt zur Wundbehandlung und bei leichtem Sonnenbrand Anwendung finden. Auch die zerriebene frische Wurzel wird auf entzündete Hautstellen, leichtem Sonnenbrand oder anderen Verbrennungen aufgetragen. Da die Wurzel aber nicht immer schön sauber zu bekommen ist, sollte zwischen Haut und Wurzelbrei immer ein dünnes Mulltuch gelegt werden. Wurzelbrei und der zu Saft gepresste Krautteil wurden auch bei offenen Beinen angewendet. Wenn im Sommer die weißen Doldenblüten der wilden Möhre sich im lauen Wind hin und her bewegen, dann sollten wir uns erfreuen an der Blütenpracht einer Wiese, die noch Wiese sein darf. Ein Erlebnis, das in unserer Zeit leider doch so selten geworden ist.

8. Meerrettich

Der Meerrettich <em>© René Geyer<em>

Gerade im Herbst erntet man die bekannte, sehr scharfe Wurzel dieses Krautes, das zu den Kreuzblütlern gehört. Meerrettich ist ein „Kulturflüchtling“, der eigentlich aus Südosteuropa und aus Südrussland zu uns eingewandert ist. Diese Pflanze benötigt nährstoffreichen Boden und viel Sonne. Volksmundliche Namen sind Kren, Bauernsenf, Rachenputzer oder Scharfwurz.

Vorkommen der Wildpflanze

Meerrettich wächst manchmal wild an unseren Wegrändern oder auch auf Schuttplätzen. Zudem war er immer in den Bauerngärten anzutreffen. Diese Pflanze ist mit dem Radieschen verwandt. Die Blütezeit dieser stattlichen Pflanze mit den hellgrünen, lanzettförmigen Blättern ist von Juni bis in den August hinein. Herrlich weiße Blüten sitzen in einer schönen Blütentraube zusammen. Die Blüten kann man als wohlschmeckende Dekoration auf Suppen und auf dem Butterbrot verteilen. Und schon sind wir bei der eigentlichen Anwendung dieser Kulturpflanze, die auch zur Wildpflanze werden kann. Beim Meerrettich wird hauptsächlich die Wurzel verwendet, die im Herbst oder sogar im Spätherbst gegraben wird. Wer eine Wurzel gräbt und diese dann anbricht und daran riecht, dem wird gleich der brennend scharfe Geruch auffallen, die innen weiß ist.

Inhaltsstoffe des Krautes

Meerrettich besitzt außerordentlich vieles scharfes, ätherisches Öl, Senföle, sehr viel Vitamin C und Aminosäuren. Diesen Inhaltsstoffen hat es der Meerrettich zu verdanken, dass er verdauungsfördernd, schleimlösend, stoffwechselanregend, blähungswidrig und durchblutungsfördernd wirkt. Meerrettich senkt übrigens sehr gut einen zu hohen Cholesterinspiegel im Blut. An Suppen, Fleisch- und Fischgerichten, Quark oder Butter passt immer die fein geriebene Wurzel des Meerrettichs. Was die wenigsten aber wissen ist, dass man im Frühling die noch zarten jungen hellgrünen Blättchen des Meerrettichs kleingeschnitten ebenfalls an Fleischgerichte oder an die Kräuterbutter geben kann. Dadurch können wir schon im Frühjahr etwas für unsere Gesundheit tun und reinigen unseren Darm und das Blut am Anfang des Jahres. Später werden die großen Sommerblätter zu hart und unbekömmlich. Die Wurzel, die am meisten genutzt wird, kann man, nachdem sie gegraben wurde, dunkel mit Sand bedeckt im frostfreien Keller lagern.

Gerade in der dunkleren Jahreszeit um die Vorweihnachtszeit passt Meerrettich besonders gut zu fettem Essen und macht es etwas bekömmlicher.

9. Der Dost

Der Dost © René Geyer

Der Dost betört den Kräutersammler immer wieder durch seinen angenehmen Duft. Alle Pflanzenteile haben als Inhaltsstoffe ätherisches Öl. Dost wird auch „wilder Majoran“ genannt. Er gehört zu den Lippenblütengewächsen. An Wegreinen, an Waldrändern und auf trockenen Wiesen ist er zu Hause, dann kommt er in größeren Mengen vor. Dost hat von Juli bis September seine Blütezeit. Die zart rosaroten Lippenblüten an einer rispigen Trugdolde, sehen nicht nur für den Betrachter schön aus, sie sind auch immer von Insekten – insbesondere zahlreichen bunten Schmetterlingen wie der Kleine Feuerfalter auf dem Foto– umschwärmt. Geerntet wird der Dost straußweise mit langen Stängeln, an denen die Blüten und Blätter Verwendung als Gewürz, aber auch als Hustentee finden.

Eigenschaften und Anwendung der alten Heilpflanze

Die heilenden Eigenschaften beruhen auf dem stimulierenden Einfluss auf das Nervensystem und seinen schmerzstillenden Substanzen. Dost wirkt schweiß- und harntreibend, magenwirksam und krampflösend. Der Tee von Dost wirkt appetitanregend, fördert die Verdauung und lindert Heiserkeit. In der Küche wird der Dost als Würzkraut genutzt. Er passt hervorragend getrocknet oder frisch zu Fleisch-, Tomaten-, Nudelgerichte, Pizzen und Aufläufe. Empfehlenswert wäre auch die Verwendung in Suppen und Kräuterquarks. Grundsätzlich wird der Dost mit der Schere geschnitten, da man sonst beim Handpflücken die Wurzel mit herausreißen würde. Die so geernteten Pflanzen werden über Kopf getrocknet und nach dem Trocknen die Blätter und Blüten von den Stängeln abgerebelt und gesondert gelagert. Die Stängel der Dostpflanzen sind besonders in der Grillzeit ein Geheimtipp. Man kann nun auf die kahlen, harten Stängel kleine Fleischstückchen aufspießen. Auf dem Grill oder in der Pfanne geben die Stängel ihr Aroma an das Fleisch ab. Die ätherischen Öle in der Pflanze eignen sich hervorragend in der Hausmedizin. Dost als Teeaufguss ist besonders bei Appetitmangel sowie krampfhaften Magen- und Darmstörungen zu empfehlen. Auch bei Reizhusten oder Entzündungen der oberen Atmungsorgane wurde Dost in früheren Zeiten angewandt.

10. Echtes Mädesüß

Echtes Mädesüß © René Geyer

An warmen Sommertagen, wenn die Sonne ihr wärmendes Licht auf naturbelassene, feuchte Wiesen aussendet, dann duftet jenes stattliche Gewächs ihren lieblichen, bittermandelartigen Geruch dem Kräutersuchenden entgegen. Doch selbst am Anfang vom Oktober kann das Mädesüß noch blühen.

Vorkommen des echten Mädesüß

Das Mädesüß findet man überall dort, wo nicht gedüngt wird. Auch das macht diese Pflanze für Kräuterkundige so wertvoll.

Besonderheiten des echten Mädesüß

Das Mädesüß gehört zu den Rosengewächsen. Ihr Ansehen ist stattlich und königlich. Der Volksmund gab auch Namen wie Wiesenkönigin, Spierstaude oder Wiesengeißbart. Schon im zeitigen Frühjahr fallen die jungen wechselständigen Blätter, die unterbrochen gefiedert und an der Unterseite weiß behaart sind, auf feuchten Standorten auf. Die Pflanze blüht von Juni bis August mit gelblichweißen, kleinen Blütchen in einer rispenförmigen Trugdolde. Dann ist es an der Zeit, nach den noch nicht gänzlich aufgeblühten Blütenknospen und Blüten Ausschau zu halten und zu sammeln. Die Blätter hingegen werden in Frühjahr gesammelt. Die Inhaltsstoffe sind sehr zahlreich und ein wahrer Gesundbrunnen: ätherisches Öl, Gerbstoffe, Vitamin C, Mineralstoffe sowie Salizylsäure.

Verwendung von echtem Mädesüß in der Volksheilkunde

Ein Teeaufguss aus den getrockneten Blättern und Blüten wurde schon früher bei Gicht, Rheuma und fiebrigen Infekten angewandt. Weitere Wirkungen sind harn- und schweißtreibend, fieberdämpfend sowie antiseptisch. Diese Anwendungen in der Volksmedizin sind aber nur ein Teil dieser Pflanze.

Echtes Mädesüß in der Küche

Auch in der Küche findet sie hervorragend Verwendung. Der Name Mädesüß leitet sich vom althochdeutschen Wort „Met“ ab. In alter Zeit wurde Mädesüß zum Aromatisieren von Met, dem Honigwein, beigefügt. Die Blüten des Mädesüß lassen sich hervorragend für eine Sommerbowle verwenden. Auch Süßspeisen lassen sich mit den Blüten verfeinern. Die jungen Blätter können sparsam verwendet zu Salaten gegeben werden, da sie einen starken Eigengeschmack besitzen.

Weitere Verwendungsmöglichkeiten

Aus älteren Überlieferungen ist bekannt, dass die Imker ihre Bienenstöcke mit Mädesüß einrieben. Dies führte nicht nur zu besseren Erträgen, sondern auch dazu, dass die Bienen nach dem Schwärmen leichter in ihren Stock zurückkehrten. Übrigens: Bienen sollen nicht stechen, wenn man sich mit Mädesüß einreibt. Dies soll auch gegen Mücken ein guter Tipp sein. Wenn Sie die Blütenknospen und Blüten trocknen, dann immer im Schatten. Der Raum wird an den ersten beiden Tagen des Trocknungsprozesses angenehm nach Honig und Bittermandel duften. Auch hier gilt beim Sammeln die alte Regel: Nur so viel sammeln, wie man selbst verbraucht. Halten wir also Ausschau nach der Wiesenkönigin und nutzen die Kraft der Natur, die sie dem Mädesüß mitgab.

11. Engelsüß

Das Engelsüß © René Geyer

Was für ein schöner Name für eine Pflanze, die zu den Farngewächsen gehört. Dieser wunderschön anzusehende Farn steht meist in Wäldern und dort zwitschern auch immer süß die Vögel unserer Heimat.

Besonderheiten von Engelsüß

Diese Pflanze wird auch Gewöhnlicher Tüpfelfarn genannt. Der Volksmund gab auch Namen wie Süßfarn, Bauernfarn oder auch sehr interessant den Namen Steinlakritze. Dieser Farn ist ein immergrüner Farn, der auch völlig anspruchslos ist. Er wächst auf feuchten wie auf trockenen Böden, die kalkarm sind und auch beschattet sein können. Der wissenschaftliche Name lautet Polypodium vulgare.

Verwendung in der Volksheilkunde

Von dieser Pflanze werden nur die Wurzeln genutzt. Zu den Inhaltsstoffen gehören Bitterstoffe, ein Glykosid, Zucker und Harze und das Osladin. Die Eigenschaften der Inhaltsstoffe vom Engelsüß sind galle- und leberwirksam sowie hustenstillend und stuhlfördernd. Der Wurzelstock schmeckt süßlich und wurde sogar in früheren Zeiten als Schnuller Ersatz für Babys genommen. Der Wirkstoff Osladin ist für die Süßkraft in der Wurzel verantwortlich und diese hat einen der höchsten Süßwerte überhaupt und wird deshalb immer mit dem Süßholz verglichen. Eine industrielle Verarbeitung kam wegen der Giftigkeit allerdings nie infrage. Der Wurzelstock wurde immer im Herbst gegraben und geerntet.
Engelsüß ist dennoch ein appetitanregendes Mittel. Es reinigt das Blut und kann auch immer Bestandteil von Gallen- und Lebertees sein. Übrigens schätzt man in der Volksheilkunde die abführende Wirkung des Tess bei Darmparasiten. Die getrocknete Wurzel kann man pulverisieren und gibt sie messerspitzeweise in Marmelade oder Honig oder sie wird als Tee getrunken. Dieser hilft dann bei chronischem Husten, Heiserkeit mit Fieber, aber auch bei Rheuma, Gicht oder Lebererkrankungen. Auch Hildegard von Bingen kannte Engelsüß und schrieb über diese: „Wenn Mensch viel krank ist und in den Eingeweiden Schmerzen hat, der koche Wein unter Beigabe von Honig und schütte in den abgekühlten Wein das Pulver und trinke davon.“

12. Guter Heinrich

Guter Heinrich © René Geyer

Ein toller Name, für ein fast vergessenes Wildgemüse und ein richtig gutes Wildkraut, das zu den Gänsefußgewächsen gehört.

Eigenschaften des Guten Heinrichs

Die Pflanze ist mehrjährig und wird 30-80 cm hoch. Sie hat einen wohlriechenden und angenehmen Geruch und ihr Geschmack ist sehr würzig. Damit unterscheidet sich der Gute Heinrich von anderen, ähnlich aussehenden Gänsefußgewächsen, die eher unangenehm riechen, wie z. B. der stinkende Gänsefuß. Den Guten Heinrich findet man eher auf nährstoffreichen Böden, auf Kompost und immer in der Nähe von menschlichen Siedlungen. Er sucht regelrecht die menschliche Nähe. Im Volksglauben war die Pflanze auch immer in der Nähe der Zwerge und Hausgeister, die ja in der Vorstellung der Menschen Füße hatten, wie der Gute Heinrich.

Der Gute Heinrich in der Volksheilkunde

In der Volksheilkunde wurden die Blätter als Umschläge bei Verletzungen der Haut aufgelegt. Die Pflanze wirkt leicht abführend und blutreinigend. Guter Heinrich wird immer nur frisch verwendet. Getrocknet verliert er seine wertvollen Inhaltsstoffe. Aus der Wurzel soll früher sogar ein Hustenmittel für Schafe bereitet worden sein.

Der Gute Heinrich in der Küche

Die Pflanze ist wohlschmeckend und so zu verwenden wie der Spinat, der ein Nachfahre dieser Pflanze ist. Die Triebspitzen erscheinen am Anfang wie die jungen Blätter leicht rötlich und sind dann am köstlichsten. Wenn die Pflanze blüht ist der Gute Heinrich zwar schon ziemlich herb im Geschmack, aber durchaus noch nutzbar. Die Pflanze blüht von Juni bis in den Oktober hinein, aber gesammelt wird von April bis Ende September.
Inhaltstoffe sind außer Vitaminen, Saponine, Proteine und Mineralstoffe. Sie machen diese Pflanze so wertvoll. Roh oder gekocht sind die Blätter sehr reich an Vitaminen und liefern durch ihren hohen Eisengehalt viel Gutes für unsere Gesundheit. Die etwa stiftdicken Sprosse können sogar wie Spargel zubereitet werden und die Blütenähren dünstet man in Butter zu schmackhaftem Gemüse. Viele Biohersteller haben dieses alte Gemüse wiederentdeckt.

13. Das Gänsefingerkraut

Das Gänsefingerkraut © René Geyer

Dieses eher unscheinbare Wildkraut gehört zu den Rosengewächsen und kommt auf Wegen, feuchten Böden und auf Wiesen und sogar Schuttplätzen vor. Auf Rügen ist dieses Pflänzlein überall zu finden.

Im Volksmund heißt es auch Krampfkraut, Silberkraut, Gänserich, Gänsekraut und Fingerkraut nannte man diese hübsche, gelb-blühende Pflanze. Diese Namen zeigen auch den Standort der Pflanze an. Den, an dem auch immer die Gänse standen. Die Botaniker nennen das Kraut Potentilla anserina.

Eigenschaften des Gänsefingerkrauts

Die Pflanze wird 15-50 cm hoch und besitzt lange, kriechende Ausläufer. Die Blätter einspringen einer Blattrosette und sind gefiedert. Die Blüten sind herrlich goldgelb und fallen sofort auf. Sie
schließen sich bei Regen halb und nachts völlig. Die Blütezeit reicht von Mai bis in den Juli. Das Sammelgut dieser Pflanze sind die Blätter. Gesammelt werden sie von Mai bis in den August hinein und die Wurzel vom Frühjahr bis in den Herbst.

Das Gänsefingerkraut in der Volksheilkunde

Die Inhaltsstoffe sind Gerbstoffe, Tormentol und etwas Bitterstoffe. Durch diese Kombination wirkt die Pflanze zusammenziehend, blutstillend, krampflösend und entzündungshemmend. Tee aus den Blättern und eine Abkochung aus den Wurzeln wirkt sehr gut bei Durchfall, Koliken und sogar bei starker, schmerzhafter Periode. Auch Hildegard von Bingen empfahl im Mittelalter dieses Kraut bei Krämpfen im Darm- und Magenbereich.
Und selbst in der Küche wurde es in Notzeiten verwendet. Die Wurzeln kann man roh essen. Sie schmecken ähnlich wie die Pastinake.

Kräuter im Winter

Wer denkt, Rügen ist in den kalten Jahreszeiten trist und grau, der hat sich geirrt. Viele Wild- und Heilkräuter gedeihen gerade in diesen Monaten. Auf einer großen Wandertour entlang an Feldern, durch Wiesen und Wälder begegnen Euch diese 9 Winterkräuter, die wir Euch hier näher vorstellen wollen.

1. Der Efeu

Der Efeu <em>© René Geyer<em>

Jetzt ist die Zeit, da die Bäume des Waldes, die Gebüsche und Gehölze auf den Feldern keine Blätter tragen. Die Natur hat sich in sich selbst zurückgezogen. An manchen Baumriesen aber sieht man dafür jetzt so manchen Arm oder beindicken Stamm bis in die Krone hineinreichen. Es sind die Stämme des Efeus. Efeu gehört zu den Araliengewächsen. Er ist mehrjährig, kletternd und steigt bis in Höhen von 20 Metern in die Baumkronen hinein. Efeu ist keine Schmarotzerpflanze, die dem Kletterbaum die Nahrung oder sonst etwas entzieht. Problematisch wird es nur für den Baum, wenn es einen starken Bewuchs gibt im Kronenbereich und das laubtragende Gehölz durch den Efeu einen Lichtkonkurrenten bekommt. Auch da muss der Mensch nicht eingreifen, es soll dann so sein. Es entschied dann die Natur.

Efeu in der Heilkunde

Efeu hat vom Volksmund viele Namen bekommen wie: Epich, Eppig, Ewigheu, Hühneraugenkraut oder Baumeppichblätter. In der Volksheilkunde ist Efeu seit Langem bekannt. Inhaltsstoffe der Blätter sind Saponine, Glykoside, Phenolkarbonsäuren, Mineralien, Jod, Kaffeesäure. Efeu wirkt schleimlösend und krampflösend. Efeublättertee hat eine heilende Wirkung bei Husten, Bronchitis, Asthma und Keuchhusten bei Kindern. Selbst das BGA erkennt die Anwendungen gegen Katarrhe der Luftwege und bei chronisch entzündlichen Bronchialerkrankungen an. Den Tee aus Efeublättern verwendet man unter anderem auch bei Hautunreinheiten, auch zu Waschungen bei Gallenbeschwerden, Rheuma, Gicht, sowie auch äußerlich gegen Läuse und Krätze. Was man wissen sollte, die Früchte des Efeus sind giftig und werden nicht verwendet. Die Ernte von Efeublättern können wir das ganze Jahr hinweg durchführen. Aber eigentlich sind die Blätter im Herbste noch vor der Blüte, je nach Standort von Anfang September bis in den November, am heilkräftigsten.

Symbole des Efeus

Efeu ist eine Pflanze, die meist nur auf den zweiten Blick gesehen wird. Sie galt aber auch als eine Orakelpflanze in Gebieten, in welchen Wein angebaut wurde. Es hieß vom Efeu, wenn er reichlich und schön blühe, gäbe es viel und einen guten Wein. 

Achtet mal im Winter, wenn es weißverschneit ist, auf die mächtigen Bäume im Walde. Ihr werdet bestimmt hier und dort dieses immertreue und -grüne Gewächs an den Bäumen entdecken. Übrigens sollte der Efeu genau deshalb als Symbol der Liebe und Treue in keinem Brautstrauß fehlen.

2. Die Schlehe

Die Schlehe © René Geyer

Dieses Gehölz, ein kleiner Strauch oder auch mal ein kleiner Baum, gehört zu der Familie der Rosengewächse. Die Schlehe ist zugleich die europäische Stammform der Pflaume. Schlehen wachsen als sogenanntes Pioniergehölz auf Brachflächen oder Kahlschlägen, aber auch am Waldesrand oder im Unterholz. Auch wird sie zur Pflanzung von Hecken benutzt und bietet dort der heimischen Singvogelwelt reichlich Unterschlupf und Nahrung. Die Blütezeit liegt im April und dann zeigen sich besonders in der noch kahlen Landschaft schneeweiße Bereiche an den Waldesrändern, was um diese Jahreszeit ein besonderes Augenmerk auf sich zieht.

Erntezeit der Schlehe

In den Monaten Oktober, November und bis hinein in den kalten Dezember sind dann, besonders bei erstem Frost, die tief blauschwarzen Früchte erntereif. Jedoch sollte man die Früchte immer ernten, wenn sie sich leicht vom Stiel trennen lassen. Dann kann man sie für 1-2 Tage tiefgefroren im Tiefkühlfach lagern. Unsere Vorfahren mussten immer bis zum ersten Frost in der Natur warten, weil die Früchte nach der Kälteeinwirkung etwas milder sind und nicht mehr so zusammenziehend herb schmecken. Die Früchte werden nur frisch verwendet.

Rezept Schlehenlikör

Gerade für die Vorweihnachtszeit oder für die Festtage ist ein guter Schlehenlikör etwas ganz Besonderes. Die schon aufgetauten, aber vollreifen Früchte werden leicht mit einer Gabel angestochen. Dann füllt man ein Gefäß zu 2/3 mit den Schlehen und kann jetzt mit Doppelkorn auffüllen. Wie süß der Schlehenansatzlikör wird, ist jedem selbst überlassen. Man kann mit normalem Haushaltszucker oder aber auch mit Kandiszucker süßen. Es eignet sich natürlich auch Honig. Diesen Ansatz lässt man nun gut 3-5 Wochen an einem warmen Ort stehen. Öfters sollte aber gut geschüttelt werden. Nach dieser Zeit wird die Flüssigkeit abgegossen, aufgehoben und umgefüllt, die Früchte aber im Gefäß noch einmal mit Schnaps aufgegossen. Diesen zweiten Ansatz lässt man dann weitere 4 Wochen stehen. Nach dieser Zeit werden dann beide Ansätze vereint und nach Belieben nachgesüßt. Der Likör kann noch mit Rum oder Obstbrand verfeinert werden. 

Dies ist nur ein Beispiel für die Verwendung der Schlehe um diese Jahreszeit, wenn es draußen kalt ist und die Feiertage vor der Tür stehen. So etwas Selbstgemachtes ist auf alle Fälle für eine gemütliche Runde im Kreis der Familie etwas ganz Besonderes.

Geschichte der Schlehe

Im Volksmund wird der Strauch auch Schwarzbeere, Schwarzdorn, Sauerpflaume oder aber auch Hagedorn genannt. Schlehensträucher dienten in früheren Zeiten als Schutzstrauch vor Blitz und waren somit auch dem germanischen Gott Donar geweiht. Auch vor Feuer, Krankheiten und Dämonen, so glaubten unsere Vorfahren, schützte sie dieser dunkle Strauch. Somit war die Schlehe wie auch der heilige Holunder ein besonderer Strauch in den Siedlungen unsere Vorfahren.

3. Die Mistel

die Mistel © René Geyer

Gerade in der jetzt dunklen, aber auch magisch-märchenhaften Vor- und Weihnachtszeit und im Winter galt diese Pflanze als etwas ganz Besonderes im Volksglauben unserer Vorfahren. Man nannte die Mistel auch Mistelstängel, Donnerbesen, Hexenbesen oder Druidenfuß. In der Magie öffnet der Mistelzweig die Pforte zur sogenannten Unterwelt, aber zugleich schützte er vor Zauberei und Krankheit.

Mistel in der Mythologie

In unserer eigenen, alten, germanischen Mythologie brachte sie aber dem Frühlingsgott Baldur den Tod, weil sie das einzige Wesen auf der Welt war, welches nicht schwor Baldur vor dem Tod zu schützen. Und so wurde Freyas Sohn durch einen Mistelpfeil getötet.

Der wissenschaftliche Name der Mistel ist Viscum album und sie gehört zu den Mistelgewächsen. Diese Pflanze ist immergrün und „schmarotzt“ auf Bäumen. Als Halbschmarotzer entzieht sie ihrem Wirt nur Wasser und Salze. Es können sowohl Nadel- als auch Laubbäume sein, auf denen sie sitzt. Sie bildet dort kugelige Büsche von 20 bis 60 cm Durchmesser. Die Stängel sind holzig und gelblichgrün und lederartig derb sind die Blätter. Die Blüten hingegen sind gelbgrün, unscheinbar und erscheinen meistens im März bis in den April hinein. Ab dem Herbst sitzen zwischen den Zeigen die weißen, giftigen, kleinen Beeren.

Inhaltsstoffe der Mistel

Die Inhaltsstoffe der Pflanze sind unter anderem Lectine, Saponine, Alkaloide, Harze, Cholin. Die Wirkung der Pflanze liegt im Ausgleichen von zu hohem als auch zu niedrigem Blutdruck, aber auch gegen Arteriosklerose, Krämpfe sowie Blutungen. Mistelpräparate gibt es heute in der Apotheke und diese werden auch nur vom Arzt oder Heilpraktiker verschrieben.

Der Mistelzweig-Brauch

Sehr bekannt ist der Brauch, dass wenn ein im heiratsfähigen Alter befindlicher junger Mann seine Auserwählte unter einen Mistelzweig stellt, er sie küssen und auch heiraten durfte. Auch glaubte man, wenn eine Mistel auf einem Hasel- oder Weißdornstrauch wuchs, dass sich dort unter der Mistel besondere Schätze finden lassen. Zur Weihnachtszeit werden im Hause oder an den Türen Mistelzweige aufgehängt, um die guten Geister im Hause und Unholde aus den Stuben zu bannen.

Und gerade in der dunklen Zeit ist ein immergrüner Strauch an einem Gehölz ein Zeichen für die im Frühling erwachende Natur mit der Farbe der Hoffnung.

4. Der Beifuß

der Beifuß © René Geyer

Wenn wir unserer Wege gehen, ist er uns wohl häufig begegnet: der Beifuß mit seiner doch stattlichen Erscheinung. Beifuß galt früher als eines der magischen Kräuter, dem man in manchen Gegenden Deutschlands auch noch heute viel Aufmerksamkeit in mythologischer Hinsicht schenkt. Beifußzweige wurden unter anderem mit dem Johanniskraut in den Brautstrauß eingeflochten. Oder man trug ihn zur Sonnwendfeier an einem Gürtel und warf ihn dann ins Feuer. In der Glut sollten die bösen Einflüsse verbrennen, damit Gesundheit für ein ganzes Jahr beschieden wäre. Für germanische Stämme galt der Beifuß sogar als die Mächtigste aller Pflanzen. Volksnamen sind ihm viele eigen, wie Besenkraut, Gänsekraut, Mutterkraut oder Sonnwendgürtel. Wandergesellen, deren Füße schmerzten und/oder ermüdet waren, sollen sich Beifußblätter in die Schuhe gelegt haben. Dieses Korbblütengewächs wird zwischen 50 und 150 cm hoch. Es besitzt einen staudenhaften Wuchs sowie einen holzigen, stark verzweigten Stängel.

Aussehen und Inhaltsstoffe vom Beifuß

Wenn man die fiederteiligen Blätter betrachtet, stellt man fest, dass diese auf der Oberseite dunkelgrün sind, wohingegen die Unterseite graufilzig und wesentlich heller ist. Die Blüten sind eher unscheinbarer Natur. Beifuß blüht von Juli bis in den September mit kleinen gelben bis grüngelben Blütenköpfchen. Auf Schuttplätzen, an Wegrändern neben Gebüschen, aber auch auf Wiesen ist er heimisch. Beim Zerreiben der Blätter und Blütenknospen entfaltet Beifuß einen angenehm würzigen Geruch. Sein Geschmack ist aromatisch, aber leicht bitter. Als Inhaltsstoffe seien genannt: ätherisches Öl, Bitterstoffe, Inulin, Vitamin A, B, C und Gerbstoffe. Diese Kombination aus wertvollen Stoffen macht den Beifuß zu einem wertvollen heimischen Heil– und Würzkraut. Ein Tee aus Blättern und Blütenknospen wurde seit Langem bei Verdauungsschwäche, Appetitmangel und Erbrechen gegeben. Die Wirkung ist anregend auf die Verdauungsdrüsen, aber auch keim– und pilzhemmend. Einen heißen Aufguss aus getrocknetem Beifußkraut gibt man ins Badewasser, wenn wir im Winter kalte Füße bekommen haben oder falsch angezogen waren!

Wirkung von Beifuß

Da Beifuß mit seinen Inhaltsstoffen für eine bessere Verdauung sorgt, gehört er gerade in der Weihnachtszeit immer an die Füllung von Ente und Gans. Aber auch zu fettem Hammel und Schweinefleisch eignet sich Beifuß hervorragend. Wer seinen eigenen Magenbitter ansetzen möchte, sollte immer ein bis zwei kleine Beifußzweige in den Trunk mischen. Gesammelt werden die Blätter der noch jungen Pflanze im Frühjahr und die Triebspitzen mit den Blütenknospen vor der Blüte bis in den September. Wenn es klirrend kalt ist, setzen sich an den vertrockneten Trieben Eiskristalle an die Blüten und Blattreste und stimmen uns auf das kommende Fest und das nächste Jahr ein.

5. Die Stechpalme

Die Stechpalme <em>© René Geyer<em>

Die Stechpalme ist einer jener immergrünen Sträucher oder kleinen Bäume, die nicht nur zur Sommerzeit grün tragen. Die Stechpalme, mancherorts nur Ilex genannt, kann ein bis zu fünf Meter hoher Baum werden und ein Alter von bis zu dreihundert Jahren erreichen! Botanisch gehört sie zu den Stechpalmengewächsen. Der Volksmund gab ihr Namen wie Hülsenstrauch oder Walddistelstrauch und ist vor allem in Parks oder Vorgärten sowie auch – verwildert – im Unterholz in lichten Wäldern zu finden. Stechpalmen sind in freier Natur selten anzutreffen und unbedingt vor jeder Beschädigung zu schützen. Sie steht unter Naturschutz!

Eigenschaften der Stechplame

Stechpalmenblätter oder -zweige mit ihren roten Früchten werden heute wieder gern als Ergänzung zum Schmücken der Kränze in der Weihnachtszeit genutzt. Die Beeren – für den Menschen giftig – stellen für unsere heimischen Vögel ein stärkendes und aufbauendes Futter dar. Was aber die wenigsten wissen ist, dass Stechpalmenblätter auch in der Volksheilkunde Verwendung finden. Sie gilt in der Volksheilkunde als ein vorzügliches Mittel bei Keuchhusten. Doch auch bei anderen Formen von Husten und bei Fiebererkrankungen zeigt die Stechpalme gute Eigenschaften. Daneben wurde sie zudem bei Seitenstechen, Blähungen, aber auch bei Durchfall angewandt. Die Inhaltsstoffe der Stechpalme sind Gerbstoffe, Bitterstoffe, Flavonoide, Coffein, Vanillin, Mineralstoffe und Pektine. Übrigens nennt man den Stechpalmentee auch „den Mate Tee Europas“. Dieser schmeckt ähnlich wie der Tee aus der Verwandten Südamerikas.

Die Stechpalme im Volksglauben

Im Volksglauben wurde die Stechpalme genutzt, um Haus, Hof und Besitz vor Blitzschlag, Verhexung und Krankheit zu schützen. Mensch und Tier sollen vor bösen Dämonen verschont bleiben, wenn sie von Stechpalmen begleitet sind. Auch heute werden in manchen Gegenden Blätter und Zweige der Stechpalme angezündet, wenn ein Gewitter aufzieht. Der Duft der brennenden Blätter soll den Zorn des altgermanischen Gottes Donar, den Gott des Blitzes und Donners, besänftigen und vor dem wütenden Schlage seines Hammers schützen. So lebt dieser alte heidnische Brauch noch immer weiter.

Blütezeit der Stechpalme

Von Mai bis Juni ist die Blütezeit der kleinen weißen Blüten der Stechpalme, die angenehm duften. Im Herbst sind dann die korallenfarbigen, giftigen (Stein-)Früchte zu sehen. Übrigens gibt es auf Rügen viele schöne große Stechpalmenexemplare. Ein stattliches Exemplar steht zum Beispiel in Groß Zicker auf Mönchgut im Ostteil des Dorfes gleich neben der Straße!

6. Der Haselstrauch und Haselnuss

Der Haselnussstrauch © René Geyer

Es geht auf den Winter zu auf der Insel Rügen. Die Stille kehrt ein und ein besonderes Fest steht vor der Tür. Zu dieser Jahreszeit und zum Weihnachtsfest wird gerne die Haselnuss gegessen.

Das Symbol der Haselnuss

Aber der Haselstrauch und die Nuss dazu sind ein uraltes Symbol auch schon bei unseren Vorfahren gewesen. In der heidnischen, germanischen Tradition ist der Hasel ein Symbol für Zeugungskraft und auch dem Donnergott Thor oder auch Donar geweiht. An keinem Haus oder Hof durfte in früheren Zeiten der Haselstrauch fehlen, genauso wenig wie der Holunderstrauch.

Aussehen und Vorkommen des Haselstrauches

Der Haselstrauch gehört zur Familie der Haselnussgewächse und ist eine sogenannte Pionierpflanze. Sie bereitet den Boden für andere Pflanzen vor. Haselsträucher können im Buchenwald das Unterholz bilden. Auch an Waldsäumen oder Waldrändern ist der Haselstrauch zu finden und gibt auch unseren Singvögeln Schutz, die gerne im Geäst ihre Nester bauen. Als Strauch kann er eine Höhe bis 12 Meter erreichen. Die Blütezeit der Kätzchen ist bereits im Februar bis in den März hinein. Die hängenden männlichen Kätzchen blühen in einem gelben, fast goldig erscheinenden Farbton, wohingegen die weiblichen Blüten sehr, sehr klein sind und wunderhübsche rote Blüten haben.

Gesunde Wirkstoffe der Haselnuss

Es lohnt sich, im Frühjahr mal eine Lupe mitzunehmen und die Blüten zu betrachten. Volksnamen sind Hagennuss, Lämmerschwanz, aber auch Märzennudel. Seit der Jungsteinzeit wird der Haselstrauch genutzt und nicht nur die Nüsse, sondern auch das Holz. In den Nüssen ist besonders viel Fett, Eiweiß, Kalzium, Kalium und Vitamine wie B1, B2, E enthalten. Die Sammelzeit der Nüsse reicht von September bis Oktober. Aber auch die jungen Blätter wurden geerntet und in der Küche verwendet und sind schmackhafte Beigabe bei einer Salatmischung. Die Blätter des Haselstrauches ergeben in einer entsprechenden Beize angesetzt einen lieblichen gelbbraunen Farbton, mit dem früher Wolle, Seide und Stoffe gefärbt wurden. Hasel im Allgemeinen wirkt sehr reinigend und soll den Geist klären und unsere Seele beruhigen. Jetzt in der Vorweihnachtszeit erfreuen uns Nüsse mit ihrem besonderen Geschmack und wichtigen Fetten.

Übrigens, wer einen Haselstock bei sich trägt, der findet immer das, was er gerne findet. Früher wurde die Holzkohle des Haselstrauches zur Herstellung von Holzkohlestiften für die Malerei verwendet.

7. Der Wacholder

Der Wacholder © René Geyer

Hier begegnet uns nun eine Pflanze, die zu den ältesten, aber auch zugleich zu den mystischsten und magischsten Heilpflanzen gehört. Dieser immergrüne Nadelbaum, oder besser gesagt dieser zu den Zypressengewächsen gehörende Strauch, kann eine Größe bis zu 10 Metern erreichen. Seine Blätter sind nadelförmig, sehr spitz, aber auch sehr hart. Die Blüten sind 2-häusig, das heißt: Die männlichen sind aus zahlreichen Staubgefäßen zusammengesetzt und Gelb. Die grünlich-weiblichen Blüten bestehen aus drei nebeneinanderstehenden aufrechten Samenknospen.

Wacholderbeeren-Ernte

Es dauert 3 Jahre, ehe man die schwarzblauen Beeren ernten kann. Im ersten Jahr die Blüte, im Jahr darauf sind die Beeren grün, aber erst im dritten Jahr schwarzblau und reif. Wacholder benötigt viel, viel Sonne und gedeiht hervorragend auf Heiden, in lichten Nadelwäldern sowie auf Magerwiesen und Sandböden. Der wild wachsende Wacholder ist bei uns eine geschützte Pflanze!

Einsatzbereiche vom Wacholder

Wacholderbeeren sind ja bekanntlich sehr gut für die Küche geeignet. Besitzt doch Wacholder besondere Wirkstoffe wie: Harz, viel ätherisches Öl, Eiweiß, Pektin, Invertzucker, Wachs sowie reichlich Vitamin C. Diese Wirkstoffe lassen sich nicht nur für die Gaumenfreuden verwenden, sondern auch besonders in der volksheilkundlichen Anwendung. Wacholder wirkt stark harntreibend, besonders keimtötend, blutreinigend, hustenreizmildernd sowie schleimlösend. Wacholderbäder sind besonders wohltuend bei Erkrankungen der oberen Atemwege. Bei einem Reizhusten könnte man als Abhilfe die Beeren kauen und verzehren, was auch für einen frischen Atem sorgen soll.

Wacholder als Heilpflanze

Ein sehr großer Anhänger von Wacholder war Pfarrer Kneipp, der sogar eine Wacholderbeerenkur erfand, um einen geschwächten Magen zu stärken. Wacholder war unseren Vorfahren sehr heilig und in altgermanischer Zeit war er – wie der Holunder – eine jener Pflanzen, in der die sogenannten „Holden oder guten Geister“ zu Hause waren. Mit Wacholderzweigen und Nadeln wurden Räucherungen im Haus abgehalten, um böse Geister und Dämonen sowie Krankheiten fernzuhalten. Man glaubte früher Krankheiten und Übel käme von Hexen und dem Teufel, jedoch weiß man heute um die antiseptische Wirkung von Wacholderholz-Räucherungen und ihrer keimtötenden Wirkung.

Auf Rügen, so beschreibt es auch unser berühmter Volkskundler Prof. Dr. A. Haas, wurde ein kleiner Wacholderstrauch „Knirk“ genannt und in das Fundament eines neuzubauenden Hauses gelegt. Dieser sollte verhindern, dass böse Geister in das Haus Einzug halten. An hohen Festtagen wurde der Fußboden des Zimmers an den Wänden entlang mit kleinen Wacholderzweigen belegt, auf Rügen „Enken“ genannt. 

In heutiger Zeit ist der Wacholder ein besonderer Strauch, da er nicht nur die schmackhaften Beeren bereithält, sondern auch an sonnigen Plätzen in der Natur einen besonderen Blickpunkt darbietet.

8. Die Hagebutte

Die Hagebutte © René Geyer

„… ein Männlein steht im Walde …“ Dieses Lied kennt wohl jedes Kind. Weiß man aber auch, dass dieses Rosengewächs noch andere Namen vom Volksmund bekam, wie Heckenrose, Hundsrose oder gar Hiffe?

Vorkommen und Verwendung der Hagebutte

Bei der Heckenrose handelt es sich um ein Rosengewächs, das als ein 2-3 m hoher Strauch mit überhängenden stacheligen Ästen an Waldrändern, Gebüschen, Hecken und Parkanlagen zu finden ist. Die Blütezeit dieses Strauches ist von Juni bis in den Juli hinein. Die Blüten besitzen einen oft stark süßlichen Duft und sind zart rosa bis weiß. Blütenblättchen der voll entfalteten Blüte lassen sich frisch in Alkohol eingelegt zu einem wohlschmeckenden Likör verarbeiten. Man könnte sie auch frisch als Dekoration zu Eiscremes geben oder in einen Salat mischen.

Aussehen und Inhaltsstoffe

Ab September bis in den Oktober hinein sind dann die reifen Früchte, die eine rote Farbe haben, erntereif. Die Früchte liefern uns einen äußerst gesunden und wohlschmeckenden Tee. Die Früchte kann man frisch, aber auch getrocknet verwenden. Beim Trocknen ist Sorgfalt angesagt: Die Früchte sollten gut durchgetrocknet sein, d.h. sie knirschen etwas, wenn man sie zwischen den Fingern hin und her bewegt. Die Hagebutte beinhaltet sehr viel Vitamin C, bis zu 1,7 g pro 100 g frische Früchte. Das Vitamin C bleibt auch beim Trocknen noch recht gut erhalten. Weitere Inhaltsstoffe der Hagebutte sind Fruchtzucker, ätherische Öle und Vanillin. Die Hagebutte ist ein wichtiger Vitaminspender, gerade in der kalten Jahreszeit. Sie wirkt anregend auf die Widerstandskräfte bei Erkältungskrankheiten, gegen Frühjahrsmüdigkeit und Vitaminmangelerscheinungen. Außerdem ist sie schwach harntreibend und blutreinigend. Sie ist aber nicht nur für uns von Nutzen, sondern auch für unsere heimische Tierwelt. So lieben vor allem unsere Vögel die Früchte dieses Rosengewächses. Zudem ziehen sich zahlreiche Tiere in den Hecken zurück und es ist interessant zu beobachten, welche Naturschauspiele sich in unseren Hecken und Sträuchern abspielen.

Ursprüngliche Bedeutung der Heilpflanze

Auch in historischer Zeit hatten die Rosenbüsche eine Bedeutung: Die Germanen weihten sie der Göttin Freya, der Göttin der Liebe, deren Heiliger Hain mit Rosenbüschen umwachsen war. Im Mittelalter änderte sich die Glaubenwelt und Elfen und gute Geister wohnten ab jetzt in den Gebüschen und schützten die Menschen vor böser, schwarzer Magie. Bei so viel Gutem sollten auch wir die Heckenrose wieder mehr als wertvolles Naturgut nutzen.

9. Die Vogelmiere

Die Vogelmiere © René Geyer

So manch einem Zeitgenossen dürfte in seinem Garten ein Kraut aufgefallen sein, das schon öfter dem kompletten Herausreißen oder Weghacken widerstanden hat. Die Rede ist von der Vogelmiere, die als Stubenvogelfutter bekannt ist. Aber dieses Kräutlein als „Unkraut“ oder Vogelfutter hinzustellen, wird diesem besonderen Kräutlein nicht gerecht.

Aussehen und Bedeutung der Vogelmiere

Vogelmiere gehört zu den Nelkengewächsen. Sie kann es mit ihren Verwandten an äußerlichen Schönheiten zwar nicht aufnehmen, ist aber ein wahrer Kraftprotz, auch wenn sie schwach und gebrechlich aussieht. Vogelmiere ist stark verzweigt, blüht mit kleinen weißen Blütchen und wird bis zu 60 cm hoch. Die Blütezeit reicht vom Frühjahr bis in den Spätherbst hinein, sie ist aber auch noch Wintergrün. Sie gedeiht überall: auf Wiesen, Schuttplätzen, Äckern, an Hausmauern. Eigentlich überall dort, wo der Mensch seine Spuren hinterlassen hat. Man muss sich mal vorstellen, dort, wo sie ihre neuen Würzelchen ausbreitet, bildet die Pflanze im Laufe eines Jahres fünf bis sechs Generationen! Und pro Generation erzeugt sie – man hörte und staune – zwischen 10 000 und 20 000 Samen! Die Lebensdauer der Samen beträgt etwa gute 60 Jahre! Und Vogelmiere blüht und gedeiht unentwegt. Sie ist ein kleines biologisches Wunder.

Die Vogelmiere im Volksmund

Vogelmiere hat im Volksmund viele Namen wie: Hühnerdarm, Mäusedarm, Meier, Sternenkraut. Inhaltsstoffe sind Vitamine, Mineralstoffe (vor allem Kalium), Gerbstoffe, ätherisches Öl. In der Kräuterheilkunde wird Vogelmiere angewandt, denn sie ist hustenstillend, harntreibend, heilend, schleimlösend und wirkt antiviral. Äußerlich werden Auflagen angewandt bei Wunden sowie bei Ausschlägen. Ein Tee aus dem frischen Kraut empfiehlt sich bei leichten Erkältungskrankheiten, Husten, Rheuma und Gicht.

Vogelmiere als Küchengewürz

In der Küche hat die Vogelmiere eine große Einsatzbreite. Sie ist und bleibt ein hervorragendes Kraut für Salate und Suppen. Sie passt hervorragend zu Quark, ob mit anderen Kräutern oder alleine. Verrührt ein bisschen kleingeriebenen Meerrettich und kleingehackte Vogelmiere mit guter Sahne und schmeckt diese Mischung mit einem Spritzer Zitronensaft, Salz und Pfeffer ab: Nun habt Ihr eine wohlschmeckende Soße zum Dippen, zu Fleisch oder Fisch. Die Verwendungsmöglichkeiten in der Küche oder der Kräuterheilkunde lassen uns dieses unscheinbare, aber immer gedeihende Kräutlein in einem anderen Blickwinkel sehen und so mancher Zeitgenosse wird sich bewusster umschauen nach diesem Kräutlein.

10. Barbarakraut

Barbarakraut © René Geyer

Das echte Barbenkraut auch Barbarakraut oder Winterkresse genannt, ist im Winter zu ernten.

Besonderheiten des Barbarakrauts

Barbarakraut ist ein Kreuzblütler und etwa 30-60 cm hoch, mit leierförmig gefiederten Blättern mit einer grundständigen Rosette. Sie blüht von Mai bis in den Juni mit gelben Blüten. Dann wäre es an der Zeit, sich den Standort der Pflanze zu merken und im Winter, da sie wintergrün ist, zu ernten. Die Blütenstände im Mai bis Juni sind goldgelb in einem pyramidenartigen Stand. Alle Blätter sind dicklich und tiefgrün und das – wie gesagt – auch im Winter. Ihr Standort sind feuchte Äcker, Wegränder, Bahndämme, Schuttplätze und Uferbereiche von Senken. Der Geruch und Geschmack ist leicht scharf, erinnert an Senf. Die
Inhaltsstoffe sind ätherische Öle und Vitamine.

Verwendung des Barbarakrauts in der Küche

Die jungen Blätter im Frühjahr kann man von September bis in den April sammeln und sie passen vorzüglich in einen Wildkräutermischsalat. Einen besonderen gesundheitlichen Aspekt besitzt das Barbarakraut allerdings nicht. Im Winter hingegen sollte es auf unserem Speiseplan stehen, da man es noch am 4. Dezember, dem Barbaratag, ernten kann. Vermutlich erst im 16. Jhd. wurde von ihrem
deutschen Namen die lateinische Bezeichnung abgeleitet: Barbarea vulgaris. Ein Salat aus Barbarakrautblättern, Löwenzahn, Spinat sowie Weißkraut ist besonders im Frühjahr sehr schmackhaft. Im Winter würde ich die Blättchen sammeln und sie in Quark oder Kräuterbutter verwenden und mit Pellkartoffeln servieren. Das ist bestimmt etwas ganz Besonderes im Winter mit diesem aus der Natur stammenden Kräutlein. Gerade in der Winterzeit ist es sehr wichtig, unsere doch fast in Vergessenheit geratenen Kräuter zu suchen und zu nutzen. Geben sie doch unserem Körper wichtige Mineralstoffe
und bieten einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende Frühjahr mit seinen wertvollen Wildkräutern, die uns unsere heimische Natur zu bieten hat. Und sie sind eigentlich immer da, die Schätze von Mutter Natur.

11. Die Walderdbeere

Die Walderdbeere © René Geyer

Gezüchtete Erdbeeren lieben eigentlich alle, aber die kleinen wilden Erdbeeren im Walde sind und bleiben unübertroffen im Geschmack gegenüber den Kultursorten.

Besonderheiten der Walderdbeere

Die Walderdbeere (wissenschaftlich Fragaria vesca) steht immer – wie der Name schon sagt – in lichten Standorten im Wald und an Waldrändern. Die Pflanze braucht volle Sonne und durchlässigen Boden. Die Pflanze bedeckt sehr schnell Brachland und abgeholzte Stellen im Mischwald. Walderdbeere gehört zu der Familie der Rosengewächse, ist mehrjährig und kann bis 20 cm hoch wachsen. Der Volksmund gab Namen wie Rotbeere, Waldbeere, Besingkraut, Darmkraut oder auch Erbel.

Verwendung der Walderdbeere

Die Pflanze hat eine große Menge an Inhaltsstoffen: Flavonoide, Säuren, Salizylsäure, Gerbstoffe und in den Früchten alle Vitamine und sehr viele Mineralstoffe. Die Eigenschaften der Pflanze für die Heilkunde sind stopfend und blutreinigend. Es werden die Blätter und natürlich die Früchte gesammelt – früher auch der Wurzelstock. Die getrockneten Blätter können mit anderen Beerenblättern zusammengemischt werden und ergeben so einen wohlschmeckenden Tee für den Herbst und den Winter. Die Früchte am allerbesten immer frisch essen, sie haben dann den besten Wert für die Gesundheit.

Übrigens, die Wildform ist der Vorläufer aller jetzt existierenden großen Erdbeersorten und ihre besonderen Heilwirkungen haben sie nur zum Teil an die Kulturformen weitergegeben. So zum Beispiel die nieren- und harnleiterreinigenden Eigenschaften oder die gute Wirkung auf Gallenblase und die geschädigte Leber. Blühend im Walde steht die Pflanze dann im Mai bis Juni und ab Juni bis in den Juli hinein können wir geduldig die Früchte suchen und auch genießen. Manchmal ist Blüte und Frucht
zusammen an einer Pflanze zu bestaunen.

12. Die Eibe

Die Eibe © René Geyer

Die Eibe gilt als Relikt aus dem Tertiärzeitalter und ist eine der ältesten Nadelbäume.

Besonderheiten der Eibe

Sie besitzt keine Zapfen sondern eine einsamige, beerenartige, scharlachrote Frucht mit Fruchtfleisch – dem Samenmantel. Im Inneren des Mantels befindet sich nun der giftige Samen. Übrigens ist alles, aber auch alles an der Eibe hochgiftig und enthält das lebensgefährliche Gift Taxin. Eibe besitzt eine Mischung aus giftigen Alkaloiden, das beim Menschen wie beim Haustier Magendarmkatarrhe, Atemlähmung sowie den Herzstillstand hervorrufen kann! Nur mit einer einzigen Ausnahme besitzt die Eibe etwas Ungiftiges: nämlich dem scharlachroten Samenmantel, der essbar ist. Das Fruchtfleisch des Mantels ist zuckersüß und schleimig. Es wird auch von den Amseln im Herbste gern gefressen. In viel früheren Zeiten machte man daraus eine süße, köstliche Marmelade. Heute wird die Eibe mit ihren Inhaltsstoffen z.B. in der Krebstherapie angewandt. Das Holz, welches außerordentlich fest ist, war besonders im Mittelalter begehrt. Es diente der Herstellung von Bögen und Armbrüsten. Später wurde Eibe auch für Möbel und für Bilderrahmen genutzt. Die Eibe ist zweihäusig, das heißt es gibt weibliche und männliche Blüten, die an verschiedenen Bäumen blühen. Nach etwa 20 Jahren ist die Eibe fortpflanzungsfähig und sie trägt die scharlachroten Früchte. Eiben können ein beachtliches Alter erreichen und die knorrigen und unregelmäßig geprägten Stämme der Bäume zeugen davon. Ein Alter von mehr als 1000 Jahren können Eiben erreichen! Auf Rügen gibt es viele interessante Eiben Exemplare, deren Besuch lohnenswert ist, z. B. im Putbuser Park oder im Süden der Insel bei der Kirche von Swantow. Es lohnt sich bestimmt, diesen natürlichen „Tannenbaum“ und magischen Baum aufzusuchen! Heute steht die Eibe in der freien Natur unter Schutz.

Die Eibe im Volksglauben

Bei vielen Völkern galten immergrüne Nadelbäume wie Tanne, Wacholder und auch unsere Eibe als Symbole für ewiges Leben. Sie standen als Hoffnungszeichen auch auf Friedhöfen und an Denkmälern. Eibe gilt aber auch von alters her als ein Dämonen verscheuchender, aber auch als Totenbaum. Germanen wie Kelten fertigten aus Eibenholz Kultgegenstände. Es heißt, „vor Eiben kann kein Zauber bleiben“ und ein kleines Amulett aus Eibenholz solle man Menschen geben, die einem am Herzen liegen. Eibe galt auch als ein Baum der Hüterin der Tore in die andere unsichtbare Welt. Aus Eibenholz wurden Zauberstäbe geschnitzt, die man für Orakelzwecke nutzte.

13. Der Apfel – „Pommerscher Krummstiel“

Der Pommersche Krummstiel © René Geyer

Er gehört zu dem bekanntesten Obst, gerade in der dunklen Jahreszeit und besonders zur Wintersonn-wendzeit: der Apfel. Der Apfelbaum, der uns im Wonnemonat Mai mit seinen herrlichen Blühten erfreute, trägt im Herbst die herrlich goldroten, reifen Äpfel.

Besonderheiten des „Pommerschen Krummstiels”

Der hier vorgestellte Apfel ist sogar ein richtiger „Rüganer“. Er entstand vermutlich schon vor 1800 auf der Insel Rügen! Der Apfel ist mittelgroß und erntereif von September bis in den Oktober. Seine Genußreife hat er von Oktober bis Februar. So ist er ein echter Winterapfel.
Dieser Apfel war in Vorpommern eine der Hauptsorten. In alten Gärten und auf längst verlassenen, alten Hofstellen ist er noch heute anzutreffen. Ein besonderes Erkennungsmerkmal bei dieser wunderschönen, alten Apfelsorte ist der krumme Stiel, der aus der sogenannten Stielgrube hervortritt. Der Apfelbaum selbst ist sehr starkwüchsig und kann sehr alt werden. Er bildet eine breite Krone. Die Apfelsorte an sich ist aber gefährdet.

Nutzen für Mensch und Tier

Für alle Verwendungen ist der Apfel nutzbar, ob zum Rohverzehr, zum Saften, zum Kochen oder für die Geleeherstellung. Die Äpfel besitzen ein süßsäuerliches, würziges Aroma und sind schön knackig.
Schaut man sich nicht nur den Nutzen des Obstes für uns Menschen an, sondern auch den für unsere heimische Insektenwelt kommt man sogar bei unserem „Rüganer“ ins Staunen. Der Pollenwert für Insekten wird als sehr hoch bezeichnet. Sehr viele Wildbienenarten profitieren von der Blüte und auch etliche Raupenarten kommen auf dem Apfelbaum vor, was wiederum ein Vorteil für unsere heimischen Vögel ist. Auch heimische Schmetterlinge fliegen den Apfelbaum in seiner Blütezeit gerne an.

Der „Pommersche Krummstiel” in der Mythologie

Unseren germanischen Vorfahren war der Apfelbaum sogar heilig und sorgte in der Götterwelt für Kraft und Ausdauer.

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Gastautor

René Geyer

René Geyer kennt die Inselnatur ganz genau. Der auch als „Kräuter-Geyer“ bekannte Erlebnis- und Naturführer verfasst regelmäßig für das Urlaubermagazin Urlaub à la Rügen eine Kolumne über Kräuter- oder Blumenpflanzen sowie über Sagen der Insel Rügen.

Seit 2004 können sich Gäste und Einheimische bei seinen abwechslungsreichen Touren mit allerhand Wissenswertem die natürlichen Schönheiten dieser Inselregion erklären lassen. Ob bei archäologischen Führungen zu den bekanntesten Großsteingräbern Rügens bei Lancken-Granitz, bei seinen Kräuterführungen in den Zicker Bergen oder bei seinen legendären Sagenwanderungen, René Geyer lässt Euch die Natur Rügens aktiv erleben.

Alle Führungen findet Ihr bei uns im Veranstaltungskalender, in der Rügen-App und unter www.naturgeyer.de

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Wir sind ein Team aus lokalen Redakteuren von der Insel Rügen. Für Euch schreiben wir informative und lesenswerte Texte mit Fokus auf kurzweilige Unterhaltung, wichtige Informationen und wissenswerte Inseltipps. Egal ob in der Heimat oder im Urlaub: Wir liefern Euch eine aufregende Mischung aus Natur, Genuss, Gesundheit, Kultur, Sport, Wellness und anderen beliebten Themen rund um Deutschlands größte Insel.

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